Die Opposition setzt bewusst auf eine Machtübernahme des Militärs, um der Regierung nicht durch Neuwahlen eine weitere Chance zu geben.
Wien/Bangkok. Er setzt auf Straßenblockaden. Ab Montag will Thailands Oppositionsführer Suthep Thaugsuban seine Anhänger dazu bringen, Bangkok lahmzulegen. Systematisch sollen die wichtigsten Kreuzungen der thailändischen Hauptstadt bis zu 20 Tage blockiert werden, damit der Verkehr völlig zusammenbricht. Schon am gestrigen Sonntag machten sich viele monarchistisch geprägte Demonstranten in die Hauptstadt auf. Insgesamt werden 200.000 Menschen bei diesem Massenprotest erwartet. Montagfrüh besetzten Zehntausende Regierungsgegner bereits sieben wichtige Kreuzungen in Bangkok.
Thaugsuban setzt bewusst auf Provokation, auch wenn er damit riskiert, einen Bürgerkrieg auszulösen. Denn viele Anhänger der Regierung unter Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra sehen ihre Lebensgrundlage durch die bereits zwei Monate dauernden Proteste in Gefahr. Immer mehr Touristen bleiben aus, in der Hauptstadt Bangkok wurden 40 Prozent der Hotelbuchungen storniert. Armee und Polizei haben ein Großaufgebot von 20.000 Sicherheitskräften aufgestellt, um gewaltsame Konflikte zwischen Regierungsgegnern und -befürwortern zu verhindern.
„Wir bewegen uns auf ein Szenario zu, in dem es immer schwerer wird, einen Bürgerkrieg zu vermeiden“, zitiert Spiegel Online Marc Saxer von der der Friedrich-Ebert-Stiftung, der die Vorgänge in Bangkok beobachtet. „Suthep und seine Leute provozieren bewusst Chaos.“ Straßenhändler, Taxifahrer, Verkäufer, die derzeit kein Geld verdienen können, weil Bangkok lahmgelegt ist, könnten in ihrer Wut leicht gegen die Demonstranten losziehen, so Saxer.
Nicht ausgeschlossen wird, dass die Oppositionsführung darauf hofft, dass das Militär im Falle einer solchen Eskalation die Macht übernimmt. Die Armee hat in den vergangenen 81 Jahren bereits 18-mal die Regierung gestürzt. Einstweilen will die militärische Führung aber in diesem Konflikt neutral bleiben. Armeechef Prayuth Chan-ocha forderte die Konfliktparteien auf, friedlich zu bleiben. „Wir sind alle Thais“, erklärte er am Samstag. „Trotz unserer Meinungsverschiedenheiten können wir zusammenleben.“
Neuwahlen ohne Machtwechsel
Regierungschefin Yingluck Shinawatra hat wegen der zunehmenden Proteste für den 2.Februar Neuwahlen angesetzt. Doch die Opposition unter Suthep Thaugsuban verlangt einen sofortigen Rücktritt der Regierung und die Einsetzung von Volksräten.
Laut Prognosen kann nämlich die Premierministerin bei Neuwahlen erneut mit einer Mehrheit rechnen. Die Opposition wirft der Regierungschefin vor, lediglich eine Marionette ihres vor einer Haftstrafe ins Ausland geflohenen Bruders und früheren Ministerpräsidenten Thaksin zu sein. Sowohl Thaksin als auch seine Schwester wurden bei den Wahlen vor allem von ärmeren Teilen der Bevölkerung unterstützt.
Die Opposition ist in der Mittelschicht und bei den Monarchisten beheimatet. Wie dramatisch die Lage in Bangkok ist, wird durch die Tatsache deutlich, dass heute, Montag, 140 Schulen wegen der Proteste geschlossen bleiben. Die US-Botschaft hat amerikanische Bürger aufgerufen, sich mit Lebensmittelvorräten für zwei Wochen einzudecken. (ag./wb)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2014)