Forschung

Neues Führungsduo im Wettlauf mit dem Wandel

Henrietta Egerth und Karin Tausz (v. l.) am Rande des Forums Alpbach Ende August.
Henrietta Egerth und Karin Tausz (v. l.) am Rande des Forums Alpbach Ende August.Elisabeth Mandl
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Seit September leiten Henrietta Egerth und Karin Tausz gemeinsam die österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG. Die beiden sehen sich als „Spürhunde für Innovation“.

Die Wahl des Orts sei eher dem Zufall geschuldet. Die beiden Geschäftsführerinnen der FFG müssen bei der Frage, ob man mit dem Hotel Die Alpbacherin als Treffpunkt für das Gespräch auf die geballte Frauenpower an der Spitze von Österreichs Förderagentur für anwendungsorientierte und wirtschaftsnahe Forschung hinweisen wollte, herzlich lachen. Eigentlich sollte eine weibliche Doppelspitze längst normal sein, meinen sie. Stimmt. Dennoch fällt sie auf.

Die „Neue“, Karin Tausz, leitete zuvor die Unternehmensentwicklung in der ÖBB-Infrastruktur AG. Henrietta Egerth kennt die FFG seit ihrer Gründung 2004. Sie hat die Forschungsförderungsagentur gemeinsam mit dem nunmehr pensionierten Klaus Pseiner neu strukturiert und weiterentwickelt. Heute sind die Herausforderungen völlig andere als zu Beginn. „Das Aufräumen in der Forschungsförderlandschaft ist gelungen. Es gibt mit dem Wissenschaftsfonds FWF, der FFG und der Austria Wirtschaftsservice GmbH AWS in Österreich drei große Blöcke, die die ganze Wertschöpfungskette der Innovation gut abdecken“, schildert Egerth.

Drehscheibe für Innovationen

Tausz kennt die Forschungsförderung bisher vor allem aus der Sicht von Unternehmen, die auf Forschung und Entwicklung setzen – und Förderungen beantragen. Mit diesem Know-how im Hintergrund wechselt sie nun die Perspektive. Die Technologieexpertin weist darauf hin, dass die FFG längst nicht mehr eine reine Förderagentur für Forschung, sondern auch für große Infrastrukturprojekte sei.

Inhaltlich gehe es für die FFG aktuell stark um Fragen der Sicherheit, die digitale Transformation und alles, was mit dem Klima zu tun hat, etwa auch den Wandel hin zu einer CO2-reduzierten Wirtschaftsweise, erläutert Egerth. Aber man schaue sich auch ständig um: „Die Themen gehen uns nicht aus und es ist immer ein ganz neuer Blick auf die Dinge notwendig, neues Design von Programmen und von Förderintervention. Wir sehen uns ein bisschen als Spürhunde für Innovation“, sagt Egerth. Neu ist das Programm „Expedition der Zukunft“. Gefördert werden sollen damit nachhaltige, disruptive Innovationen, also die – risikoreichen – Entwicklungen von Technologien, die bei Erfolg bestehende Konzepte vom Markt verdrängen, wie es einst bei Digitalkameras, Smartphones oder Flachbildschirmen passierte. Man wolle neben Umweltthemen auch auf soziale Fragen setzen, schildert Tausz.

Wie halten Wirtschaft und Forschungsförderung Schritt mit dem Tempo des Wandels? Das sei eine große Herausforderung, sagt Egerth. Die Geschwindigkeit habe enorm zugenommen für die Unternehmen: Sie müssten weit schneller neue Geschäftsmodelle aufstellen und sich verändern als früher. Regulative und Richtlinien müssten das auch begleiten. Ihr Appell an die Politik lautet, dabei einen Vertrauensvorschuss zu gewähren: „Dann könnten wir bei ganz vielen Dingen auch anders agieren und wären dadurch schneller.“

„Wir verlieren gute Leute“

Glücklich sind Geschäftsführerinnen mit der neuen Finanzierungsvereinbarung über drei Jahre; diese bringe mehr Gestaltungsspielraum. Mehr Geld wäre freilich willkommen. „Wenn wir nicht Mittelmaß sein und nicht zurückfallen wollen, müssen wir ganz, ganz intensiv zusätzlich Budget aufstellen“, sagt Egerth – und nennt mit 250 Millionen Euro eine Größenordnung für die nächsten drei Jahre. „Wenn man rund 20 Prozent von eigentlich guten Projekten ablehnen muss, dann gibt man der Wirtschaft und auch der Wissenschaft nicht das, was sie eigentlich brauchen“, ergänzt Tausz. „Wenn man jetzt nachlässt und nicht nachschießt, während die Projektkosten – auch inflationsbedingt – steigen, besteht die Gefahr, das gute Leute in der Forschung woanders hingehen. Dann verliert man sie. Und das holt man dann nicht mehr auf.“

Enger zusammenrücken

Beim Engagement für den Innovationsstandort will man jedenfalls stärker mit anderen Forschungs- und Fördereinrichtungen zusammenrücken. Allein der Kreislauf zwischen Grundlagenforschung, anwendungsorientierter Forschung und dem Markt erfordere eine enge Kooperation. Alle wichtigen Akteure – und vor allem die Forschenden und damit jene, die mit ihrer Arbeit eine Wertschöpfung bringen und auch Arbeitsplätze – sollen jedenfalls dabei sein, wenn die FFG nächstes Jahr ihr 20-jähriges Bestehen feiert. Das zu organisieren steht ebenfalls auf der Agenda des neuen FFG-Führungsduos.

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