Das Freund-Feind-Schema – auch eine Tochter der Zeit

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Wer in die Politik will, sollte es sich gut überlegen. Ein kleines Lehrstück aus der politmedialen Parallelwelt zwischen ORF, Twitter und SPÖ.

Soll man, ja darf man als Journalist in die Politik gehen? Besser nicht. Schon gar nicht als ORF-Journalist. Eugen Freund lernt seine Kollegen gerade von der anderen Seite kennen. Nicht nur, weil er sich bereits am Tag, nachdem seine Kandidatur für die EU-Wahl bekannt wurde, auf Ö3 die besten „Freund'schen Versprecher“ aus seiner „Zeit im Bild“-Zeit anhören konnte.

Der jüngste Anlass: sein „Profil“-Interview. Dabei hatte das Magazin – wie sonst üblich, wenn größere Aufregung zu erwarten ist – auf eine Vorabaussendung, kurz OTS genannt, verzichtet. Für die Verbreitung des Interviews sorgten im Laufe des Sonntags dann aber ohnehin Freunds Ex-ORF-Kollegen wie Hanno Settele und Armin Wolf, die via Twitter genüsslich aus diesem Gespräch zitierten – unter anderem Freunds Fehleinschätzung, wie viel ein Arbeiter im Durchschnitt verdiene.

Nun kann man freilich fragen, wie viele Journalisten und Politiker diese Frage ad hoc richtig beantworten können. Armin Wolfs Conclusio lautete jedenfalls: „Wir würden nie einen Journalismus-Neuling in die ,ZiB2‘ setzen. Parteien machen aber Politik-Newbies zu Spitzenkandidaten.“

Ob die früheren ORF-Kollegen vorher Freunde waren, weiß man nicht. Vermutlich eher nicht. Wobei das Gegenteil wohl schlimmer wäre – wenn Eugen Freund im ORF nun unkritisch bejubelt würde.

Neu ist das Phänomen jedenfalls nicht. Josef Broukal rechnete jüngst – noch vor der Bekanntgabe von Freunds Kandidatur für die SPÖ – im „Jüdischen Echo“ mit seinen Ex-ORF-Kollegen ab. Die Kurzzusammenfassung: Kaum hatte er den ORF in Richtung SPÖ verlassen, hätten ihm diese, wie es hierzulande so schön heißt, die Hackln ins Kreuz gehaut. Oder es zumindest versucht.

Am Sonntag schrieb ebendieser Josef Broukal dann übrigens in der „Kronen Zeitung“ einen offenen Brief an Eugen Freund: „Dein Promi-Bonus hat ein Ablaufdatum. Du solltest dich rechtzeitig darauf einstellen.“ Damit hat Broukal wahrscheinlich sogar recht.

Man kann Eugen Freunds bisherige Medienauftritte als Politiker – je nach Ansicht – erfrischend, naiv oder unprofessionell finden. Denn Freund sagt einfach, was er sich gerade denkt. Ohne vorgefertigte Sprechblasen. Was zur kuriosen Folge hatte, dass seinem Pressesprecher – wiederum auf Twitter – hämisch vorgehalten wurde, dass er dessen umstrittene Sager bei der Autorisierung durchgehen habe lassen.

Was wäre die Alternative gewesen? Rausstreichen? Sich die Satzbausteine aus der Löwelstraße abholen? Oder am besten gar keine Interviews in den ersten Wochen geben?

Allerdings konnte sich auch Eugen Freund die eine oder andere Spitze in Richtung ORF-Kollegen nicht verkneifen. In besagtem „Profil-“Interview meinte er, angesprochen auf seine Bekanntheit, die ihm wohl die SPÖ-Kandidatur eingebracht hätte: „Würden sie nur ein prominentes Fernsehgesicht wollen, hätten sie auch die – wie heißt die Burgenländerin, die diese Diskussionen am Nachmittag macht?– nehmen können.“

Was Barbara Karlich von Eugen Freund hält, ist noch nicht überliefert.

E-Mails an:oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2014)

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