Manager plaudern aus dem Nähkästchen: »Sollten uns von Naivität verabschieden«

Korruption
Korruption (c) BilderBox
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Über Korruption spricht man in der Wirtschaft kaum offen. Eine Ausnahme und ein öffentlicher Mitschnitt einer Aufsichtsratssitzung geben aber interessante Einblicke.

Korruption – bei diesem Wort zucken Manager großer Unternehmen in der Regel zusammen. So kommt es, dass, auch wenn Studien, anonyme Befragungen und die aufgedeckten Skandale der vergangenen Jahre ein anderes Bild zeichnen, offiziell kaum jemand in der heimischen Wirtschaft mit Korruption – also etwa der Forderung von Schmiergeld für die Vergabe eines Auftrages – je in Berührung gekommen sein will.

Ausnahmen gibt es nur sehr selten, und auch dann bleiben die Angaben vage. So meinte der ehemalige OMV-Explorationsvorstand Helmut Langanger einst im Gespräch mit der „Presse“: „Ich bin seit 21 Jahren zuständig für Exploration und Produktion – in Afrika, in Südamerika, Asien und in Russland. Das Problem der Korruption ist mir nicht unbekannt. Aber wir haben derartige Praktiken immer strikt abgelehnt.“ Wirklich aus dem Nähkästchen plaudern Manager, wenn überhaupt, aber nur off the records, oder wenn sie nicht erwarten, dass ihre Aussagen je in der Öffentlichkeit landen. Ein solcher Fall ist der Tonbandmitschnitt einer ÖBB-Aufsichtsratssitzung vom Februar 2008, der 2010 „Profil“ zugespielt wurde. Damals wurde über jenen umstrittenen 7,1-Mio.-Euro-Beratervertrag mit dem ungarischen Lobbyisten András Gulya diskutiert, den dieser im Zusammenhang mit dem Kauf der ungarischen MAV-Cargo durch die ÖBB erhielt.

Kein Deal ohne Lobbying. ÖBB-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker sagte demnach wörtlich: „Die Frage nach der Leistung eines Lobbyisten ist naiv. Wenn du den richtigen Mann beauftragst, der den richtigen Minister zur richtigen Sekunde anruft, und das passiert, dann kannst du nicht das Telefonat verrechnen . . . Also, das ist jetzt eine Grundsatzfrage, wenn wir das in Zukunft . . . alles ganz ernst nehmen, dann ist es gescheiter, man verabschiedet sich . . . Da gibt es nur ein Entweder-oder. Aber ein Leistungsverzeichnis von einem Lobbyisten und einen täglichen Stundennachweis, bitte, das ist naiv.“

Dann gab Pöchhacker ein paar Erfahrungen aus seiner Zeit als Porr-Chef zum Besten: „Ich komme aus der Bauwirtschaft. Wir haben keinen ungarischen Auftrag ohne irgendeinen ähnlichen Lobbying-Abschluss erhalten. Wie wir die M6 gekriegt haben, waren wochenlang, da war damals die Strabag auch dahinter, ununterbrochen Korruptionsvorwürfe etc. Es kam nichts heraus, obwohl wir Ähnliches gemacht haben wie hier.“ Seit 2010 ermittelt die Korruptionsstaatsanwaltschaft in dem Fall. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.

Lockere Parteienfinanzierung. Ungewohnt offen geplaudert, diesfalls aber auch öffentlich, hat 2013 der Strabag-Großaktionär und frühere Strabag-Chef Hans Peter Haselsteiner. Er räumte in der „ZiB 2“ ein, dass die Strabag früher verdeckte Parteienfinanzierung für das BZÖ betrieben habe. „Wir waren vor Jahren viel, viel lockerer im Umgang mit solchen Anfragen: Unterstützen wir dies oder unterstützen wir das? Das würde heute nicht mehr gehen, das ist keine Frage.“ Konkret ging es um 240.000 Euro, die 2005 von der Strabag an die BZÖ-Werbeagentur Orange flossen.

Die Agentur erstellte dafür offiziell eine PR-Studie für die Einführung der Lkw-Maut in Tschechien, der Slowakei und in Ungarn. Haselsteiner konnte sich nicht so genau daran erinnern: „Irgendeine Studie wird schon dabei gewesen sein – das hoffe ich zumindest.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2014)

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