120-Euro-Ballkarte ist weniger problematisch als 50 Euro bar

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Seit der Verschärfung der Korruptionsregeln halten sich Österreichs Unternehmen bei Einladungen lieber zurück. Das bringt Veranstalter und Sponsoren in Bedrängnis.

Wenn am 27. Februar der Opernball über die Bühne gehen wird, kann Organisatorin Desirée Treichl-Stürgkh aufatmen. Nicht nur, weil für sie die wohl aufreibendste Zeit des Jahres vorbei ist, sondern auch, weil die Finanzierung für den Ball gesichert werden konnte. Seit der Verschärfung der gesetzlichen Korruptionsregeln im Vorjahr stöhnen Veranstalter, dass es viel schwieriger sei, Geldgeber zu finden. Vieles, was früher üblich war, sei jetzt kriminell.

Helga Rabl-Stadler, Präsidentin der Salzburger Festspiele, warnte im Vorfeld vor dem Ende vieler Kulturveranstaltungen in Österreich. Seit einiger Zeit ist das Gesetz in Kraft, die meisten großen Kultur- und Sportevents gibt es immer noch. War all die Aufregung umsonst? Die „Presse am Sonntag“ hat nachgefragt.

Verunsicherung. „Der Opernball geht immer noch gut, weil hier vor allem Private kommen“, sagt Staatsopern-Direktor Dominique Meyer. „Aber für die Oper selbst ist es schwieriger geworden, Sponsoren zu finden, wenn die Firmen keine Gäste mehr einladen können.“ Das strengere Antikorruptionsgesetz verbietet Amtsträgern weitgehend die Annahme von Zuwendungen. Gerade staatsnahe Unternehmen würden zögern. „Es gibt eine große Unruhe.“
Etliche Sponsoren seien „ausdrücklich aus diesem Grund“ letztlich abgesprungen. „Und ich glaube wirklich nicht, dass Korruption in der Oper passiert.“ Für das Haus, das Millionenverluste schrieb, ist das ein ernstes Problem. Der Staatszuschuss sei zuletzt vor 15 Jahren erhöht worden, klagt der Direktor. Real bedeute das ein Minus bei den Subventionen um 18 Prozent. Hinzu komme nun ein Gesetz, das Sponsoren verschrecke.

„Die Firmen sind verunsichert“, sagt auch Hannes Jagerhofer, Veranstalter des Beachvolleyball-Turniers in Klagenfurt. Dabei gehe es weniger um das Gesetz selbst als um den Stimmungswandel, der dadurch in den Führungsetagen angestoßen wurde. „Dass ich keine Amtsträger hier habe, damit könnte ich locker leben.“ Aber die Unternehmen hätten sich selbst so strenge Regeln auferlegt, dass sie kaum Einladungen der Sponsoren annehmen würden. An Geldgebern mangle es nicht. Das Event ist für drei Jahre finanziert. Der Verkauf von VIP-Packages brach allerdings um ein knappes Drittel ein.

Jagerhofer kritisiert vor allem die „unterschiedlichen Maßstäbe“. Sponsoren, die Geschäftspartner etwa auf ein Fußballspiel mit Bier und Brötchen einladen, hätten dank billigerer Karten kein Problem. „Dort kann der Kunde hin ohne Gefahr, dass er ,angefüttert‘ wird. Dabei passiert dort genau dasselbe wie hier.“

Promi-Faktor. Auch Rechtsexperten beklagen die unscharfen Trennlinien zwischen erlaubt und verboten. Das beginnt bei der 100-Euro-Wertgrenze, von der viele ausgehen: Sie steht nicht im Gesetz. „Ich rate Unternehmen grundsätzlich ab, sich an irgendwelchen Wertgrenzen zu orientieren“, sagt Rechtsanwalt Georg Jünger von DBJ. Man komme in arge Auslegungsprobleme: „Eine 120-Euro-Ballkarte ist wahrscheinlich weniger problematisch als 50 Euro bar auf die Hand. Andererseits enthalten internationale Complianceregeln oft viel geringere Wertgrenzen.“ Eher komme es bei Einladungen zu Veranstaltungen darauf an, ob die Eingeladenen „nach VIP-Kriterien“ ausgewählt werden: Denn VIPs holt man sich auf eine Veranstaltung, weil man mit ihnen gesehen werden will. Und nicht, um sie für irgendetwas „anzufüttern“.

Rechtsanwältin Heidemarie Paulitsch hat ein Beispiel zur Hand, das zeigt, wie weit die Verunsicherung geht: Beim Sommerfest ihrer Kanzlei (Schönherr) habe ein Amtsträger, der gern hinkommen wollte, darauf bestanden, dass man ihm eine Rechnung über 100 Euro ausstellt – trotz aller Beteuerungen, dass der auf jeden Einzelnen entfallende Wert weit darunter liege. Er zahlte den Betrag ein. Und ging dann trotzdem nicht zum Fest. Offenbar erschien es ihm immer noch zu riskant. Und das, obwohl die Guidance-Fibel des Justizministeriums Massenveranstaltungen eines Unternehmens für unverdächtig erklärt – aber diese Fibel ist halt auch nur eine Rechtsauslegung und nicht verbindlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2014)

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