Neues Kabinett vereidigt: Wer Italien künftig regiert

ITALY GOVERNMENT RENZI
ITALY GOVERNMENT RENZIAPA/EPA/MAURIZIO BRAMBATTI
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Präsident Napolitano hat die Regierung um Matteo Renzi vereidigt. Vier Schlüsselminister im Kurzporträt.

Der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano hat am Samstag die neue Regierung unter Ministerpräsident Matteo Renzi vereidigt. Dem neuen Kabinett gehören 16 Minister an, darunter acht Frauen, ein Rekord für Italien. Der 39-jährige Renzi ist der jüngste Premier in Italiens republikanischer Geschichte und in der EU. Das Durchschnittsalter der Kabinettsmitglieder liegt bei 46 Jahren.

Das neue Kabinett unter der Führung des Vorsitzenden der Demokratischen Partei (PD) ist eine Mischung aus Mitte-links-Politikern, aufsteigenden Sternen des italienischen Parlaments, einigen erfahrenen Polit-Profis und wenigen parteiunabhängigen Experten. Mehrere Minister des Kabinetts Letta wurden im Amt bestätigt. Das gilt unter anderem für Infrastrukturminister Maurizio Lupi und Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzi, die wie Innenminister Angelino Alfano der Mitte-rechts-Partei NDC angehören. Der bisherige sozialdemokratische Umweltminister Andrea Orlando wechselt an die Spitze des Justizressorts. Der bisherige Minister für die Beziehungen zum Parlament, Dario Franceschini, wird im Kabinett Renzi als Kulturminister amtieren. Die Chefin von Renzis Koalitionspartner Scelta Civica, Stefania Giannini, wurde zur Bildungsministerin ernannt. Hier einige Schlüsselminister im neuen Kabinett:

Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan: Der 64-jährige Chefökonom und seit 2007 stellvertretende Generaldirektor der OECD ist das älteste Mitglied in Renzis Regierungsmannschaft. Der ehemalige Wirtschaftsprofessor an der römischen Universität La Sapienza und Direktor der Stiftung europäischer Studien "Fondazione Italianieuropei" ist seit vergangener Woche Präsident von Italiens nationalem Statistikinstitut Istat. Von 2001 bis 2005 war er Exekutivdirektor für Italien im Internationalen Währungsfonds (IWF). Zwischen 1998 und 2001 war er als Wirtschaftsberater der italienischen Premierminister Massimo D'Alema und Giuliano Amato im Einsatz. Er war auch Berater der Weltbank, der EU und der Europäischen Zentralbank. Als Essayist hat er mehrere Werke zu wirtschaftlichen Themen veröffentlicht, beispielsweise über die Aussichten des Euro und die europäisch-amerikanischen Beziehungen.

Innenminister Angelino Alfano: Der Chef der NDC, der stärkste Koalitionspartner Renzis, bleibt wie bereits im Kabinett von Enrico Letta Innenminister, verliert jedoch den Posten des Vizepremiers. Alfano hatte seine Amtsbestätigung als Innenminister als Bedingung für den Beitritt seiner Gruppierung in die Regierungskoalition gestellt. Der 43-jährige Sizilianer, der jahrelang als politischer Ziehsohn Silvio Berlusconis galt, der im Juni 2011 von diesem die Führung der Partei Volk der Freiheit (PdL) anvertraut bekam, hatte sich im vergangenen November im Streit mit dem Medienzaren politisch selbstständig gemacht. Seine ersten Schritte in der Politik hatte Alfano in der christdemokratischen Democrazia Cristiana (DC) unternommen. Nach dem Auseinanderfallen der DC schloss er sich 1994 der neugegründeten Berlusconi-Partei Forza Italia an. Von 1996 bis 2001 saß Alfano im sizilianischen Regionalparlament. Bei den Parlamentswahlen 2001 wurde er dann in die italienische Abgeordnetenkammer gewählt. Zwischen 2008 und 2011 hatte er als Justizminister amtiert.

Außenministerin Federica Mogherini: Die 40-jährige Sozialdemokratin hat die lang gediente Politikerin Emma Bonino als Außenministerin im neuen Kabinett entthront. Die gebürtige Römerin, die 2008 erstmals ins Parlament eingezogen ist, zählt zu den Vertrauensleuten Renzis. Die in Politikwissenschaften an der römischen Universität La Sapienza promovierte Mogherini hat ihr Studium mit einer Dissertation über die Beziehungen zwischen Religion und Politik im Islam abgeschlossen. 2009 war sie vom damaligen PD-Vorsitzenden Dario Franceschini zur Verantwortlichen für Frauenpolitik ernannt worden. Seit Jänner zählt sie zum engen Kreis der Mitarbeiter, die Renzi nach seiner Kür zum PD-Chef im Dezember ins Parteigremium gehievt hat. Im PD-Gremium war sie bisher für Europafragen zuständig.

Staatssekretär Graziano Del Rio: Die "rechte Hand" von Premier Renzi, und scheidender Regionenminister, wird im neuen Kabinett auf entscheidende Weise die Strategie des Ministerpräsidenten mitbestimmen. Als Regionenminister hat Delrio in der Regierung von Enrico Letta maßgeblich an den letzten, positiven Entwicklungen in Zusammenhang mit der Südtiroler Autonomie mitgewirkt. Der aus Reggio Emilia stammende 53-Jährige ist Vater von neun Kindern. Der Arzt und Professor an der Universität Modena hat zwischen 2004 und 2013 als Bürgermeister Reggio Emilias amtiert. Er leitete unter anderem den Kommunenverband ANCI und hat sich für den Schutz der finanziellen Autonomie der von schweren Ausgabenkürzungen belasteten italienischen Gemeinden eingesetzt. Im April 2013 rückte er in der Regierung Letta zum Regionenminister auf.

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