Die Heldin als Rorschach-Test fürs Frauenbild

Actress Anna Gunn poses backstage at the 71st annual Golden Globe Awards in Beverly Hills
Actress Anna Gunn poses backstage at the 71st annual Golden Globe Awards in Beverly HillsREUTERS
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Viele Fans hassen Skyler, die weibliche Hauptfigur aus "Breaking Bad".

Als Sympathieträgerin war Skyler White von Anfang an nicht konzipiert. In der ersten Folge von „Breaking Bad“ befriedigt sie Ehemann Walter White, Held der US-Serie, mechanisch unter der Bettdecke, während sie eine Auktion auf eBay abhält. Gerade zu Beginn dient sie als Instrument für die Erniedrigung der Hauptfigur, des krebskranken Chemielehrers, der sich als Drogenbaron verwirklicht und moralisch verdirbt. Doch die Welle des Hasses, die Skyler vonseiten der Fans entgegenschlägt, wirkt unverhältnismäßig. Zehntausende haben bei Facebook-Seiten wie „Fuck Skyler White“ auf „Gefällt mir“ geklickt, Websites listen die besten „Gründe“, sie zu hassen auf, und fordern ihren Tod. Die Tiraden beschränken sich nicht auf die Figur, auch Darstellerin Anna Gunn wird angegriffen – samt Morddrohungen.

Kurz vor der Ausstrahlung der finalen Folgen im vergangenen Herbst hat Gunn in der „New York Times“ zu den Anfeindungen Stellung genommen. Sie zieht Parallelen zu anderen missliebigen Serien(ehe)frauen, etwa Carmela Soprano aus den „Sopranos“ und Betty Draper aus „Mad Men“. Der Hass auf Skyler habe wenig mit ihr zu tun und viel mit der Sicht der Zuschauer auf Frauen, meint Gunn: „Weil Skyler nicht das bequeme Ideal einer archetypischen Frau erfüllt, wurde sie zu einer Art Rorschach-Test für die Gesellschaft, ein Maßstab für unsere Einstellung zum sozialen Geschlecht.“

Tatsächlich werden die Ehepartner White mit völlig unterschiedlichen Maßstäben beurteilt. Im Lauf seiner fünf Staffeln langen kriminellen Karriere begeht Walt nicht nur mehrfach kaltblütig Morde, er vergiftet – zum Machterhalt – gar ein Kind. Trotzdem haben Fans bis zum Schluss auf ein „Happy End“ gehofft. „Ich hasse Walter White“-Seiten sucht man vergeblich.

Während es Drehbuchautoren wunderbar gelingt, gleichermaßen anziehende wie abstoßende Antihelden zu entwickeln, weisen sie Heldinnen gern die Rolle der Spielverderberin zu, die Männer an jene Grenzen erinnert, die zu übertreten Geschichten erst interessant macht.

Der nächsten Generation könnte es besser ergehen: Unsympathisch, ja sogar böse ist etwa Claire Underwood aus „House of Cards“: eine perfide Frau mit Zug zur Macht. Und Fans lieben diese eiskalte Lady Macbeth.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2014)

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