Ministerrat: Verhaltener Tadel für Rupprechter

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Die SPÖ unterstützt den Vorstoß des ÖVP-Ministers für ein Adoptionsrecht Homosexueller - die ÖVP ist bemüht, keinen neuen parteiinternen Streit zu entfachen.

Wien. Nach dem Ministerrat stellen sich nun wieder Kanzler und Vizekanzler der Öffentlichkeit. Das Thema setzte diesmal aber ein – abwesender – Minister: Der Vorschlag von Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter, homosexuelle Paare sollten Kinder adoptieren dürfen, löste unterschiedliche Reaktionen aus: Während Bundeskanzler Werner Faymann den ÖVP-Minister unterstützte – „Ich bin seiner Meinung“ –, ging dessen Parteichef auf vorsichtige Distanz: Er will das Thema in einem parteiinternen „Entwicklungsprozess“ diskutieren.

Der von Generalsekretär Gernot Blümel geleitete Erneuerungsprozess der Partei sei der richtige Ort für derartige Themen. „Glauben Sie mir, es gibt genug Probleme, die wir hier zu bewältigen haben“, sagte Vizekanzler Michael Spindelegger beim Ministerratsfoyer. Und: „Mit einem Interview ändert man keine Parteilinie.“

Die zuständige Familienministerin, Sophie Karmasin (ÖVP), hält das Problem ohnehin für ein eher theoretisches, gebe es doch schon jetzt zehnmal mehr potenzielle Adoptionseltern als -kinder. Außerdem könnten sich Homosexuelle ihren Kinderwunsch schon jetzt durch die Stiefkind- oder Einzelkindadoption erfüllen.

Es gebe viel brennendere Fragen, so Karmasin, und dazu gehöre die stärkere Integration in die Pflegekinddebatte. „Da könnten Homosexuelle einen wertvollen Beitrag leisten.“ Sie wolle hier gern Überzeugungsarbeit in den Bundesländern leisten und sich auch den arbeitsrechtlichen Problemen, etwa bei Karenzlösungen für Pflegeeltern, stellen.

Mit Rupprechter hat sich Karmasin in der Adoptionsfrage noch nicht ausgetauscht, schließlich sei ja sie selbst die zuständige Ministerin. Ganz ähnlich sah das ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka. „Jeder Minister ist am besten beraten, sich auf seine Aufgaben zu konzentrieren.“

Während die ÖVP-Minister offensichtlich bemüht sind, mit vorsichtigen Stellungnahmen nur ja keinen neuen Streit vom Zaun zu brechen, fallen die Stellungnahmen katholischer Verbände deutlicher aus. So sagte die Präsidentin der katholischen Aktion, Gerda Schaffelhofer: „Die Debatte kreist wieder einmal um das falsche Thema. Bei der Adoption geht es zuallererst um das Wohl des Kindes, nicht um die Rechte von Erwachsenen.“ Sie lehnt ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare ab, weil es für Kinder nachweislich wichtig sei, eine männliche und eine weibliche Identifikationsfigur zu haben.

Uneinigkeit über Weisenrat

Unterschiedliche Auffassungen haben die Koalitionsparteien nicht nur beim Adoptionsrecht, sondern auch bei dem von Bundeskanzler Werner Faymann vorgeschlagenen Weisenrat, der anstelle eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses die Vorgangsweise bei Verstaatlichung und Abwicklung der Hypo Alpe Adria bewerten soll. Schon die Frage, wer den Weisenrat installieren soll, sorgt für Uneinigkeit. „Es ist nicht meine Aufgabe, ihn aufzustellen“, erklärte Spindelegger. „Der Bundeskanzler hat das vorgeschlagen. Dort liegt die Verantwortung.“ Bei der SPÖ scheint man das anders zu sehen: Fragen nach dem Hypo-Weisenrat seien an den Finanzminister zu richten, hielt SPÖ-Klubchef Andreas Schieder fest. Die SPÖ will aber auch die Opposition einbinden: Sie soll mitbestimmen können, welche Experten beigezogen werden.

Für Spindelegger hat nun die Bewältigung der aktuellen Probleme Vorrang. Er räumte ein, dass sich der Bericht der Hypo-Taskforce um eine Woche verzögert und am Montag vorliegen soll: „Das ist verkraftbar.“ Am Zeitplan werde festgehalten: Die Entscheidung soll bis Ende März getroffen werden, die gesetzlich nötigen Maßnahmen bis zum Sommer.

Spindelegger möchte den Bericht der Taskforce in Ruhe lesen, schließlich werde dieser sehr umfangreich ausfallen. Danach will er die Finanzsprecher der Parlamentsparteien nächste Woche darüber informieren. Diese hätten schließlich ein Recht darauf und er eine Informationsverpflichtung. Danach erst will er öffentlich Stellung nehmen.

SPÖ zufrieden mit Hahn

EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP), der am Sonntag seinen Wunsch, das Amt weiter zu führen, bekundet hatte, erhielt demonstratives Lob von SPÖ-Seite. „Ich schätze Gio Hahn sehr“, sagte Verkehrsministerin Doris Bures. „Ich finde, er war ein guter Kommissar.“ Auch Sozialminister Rudolf Hundstorfer erklärte, Hahn mache den Job gut. Auf eine Wiederbestellung des früheren Wissenschaftsministers wollten sich aber beide nicht festlegen. (APA/maf)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2014)

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