Ein interner E-Mail-Verkehr aus dem Jahr 2005 sorgt für Aufregung. Die neue General-Motors-Chefin Mary Barra zeigte sich bei einer Anhörung im US-Kongress „zutiefst betrübt“.
Tödliche Unfallserie
Die tödliche Pannenserie sorgt für immer mehr Kratzer am Image der US-Opel-Mutter General Motors. So soll sich GM vor rund zehn Jahren aus Kostengründen gegen einen Austausch der Zündschlösser entschieden haben. Nicht einmal ein Dollar mehr pro Fahrzeug soll ein neues Zündschloss mehr gekostet haben. In einem E-Mail-Verkehr zwischen GM-Ingenieuren aus dem Jahr 2005, der der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt, ist von 90 Cent Extrakosten pro Auto plus 400.000 Dollar für zusätzliches Werkzeug die Rede. Deswegen sei empfohlen worden, die alten Schlösser weiter zu nutzen, bis neue Teile günstiger zu haben seien. Erst in den GM-Modellen ab 2007 wurden neue Zündschlösser verbaut. Zündschlösser gelten als Ursache für den Unfalltod von mindestens 13 Menschen. Obwohl dem Unternehmen die Probleme schon lange bekannt sind, wurde erst im Februar eine Rückrufaktion gestartet. Ausgangspunkt sind zu schwach ausgelegte Zündschlösser, wegen denen der Zündschlüssel während der Fahrt in die "Aus"-Position zurückspringen kann. Das schaltet auch Servolenkung, Bremskraftverstärker und Airbags ab. 2,6 Mio. Autos der GM-Marken Pontiac, Chevrolet und Saturn sind betroffen, die meisten wurden in den USA verkauft. Opel ist von den Zündschloss-Problemen kaum betroffen.
GM-Chefin: Unternehmen hat sich geändert
Die neue GM-Chefin Mary Barra musste am Mittwoch im US-Kogress Rede und Antwort zur Pannenserie stehen. Von den Abgeordneten im zuständigen Ausschuss darauf angesprochen sagte Barra, sollte aus Kostengründen auf ein neues Zündschloss verzichtet worden sein, fände sie das sehr verstörend. Eine interne Untersuchung soll klären, ob Kostenabwägungen über Sicherheitsaspekten gestanden hätten.
Das Unternehmen habe sich aber gewandelt. Früher habe GM eine "Kostenkultur" gehabt, nach der staatlich gestützten Sanierung im Insolvenzverfahren 2009 sei dies aber anders und es herrsche eine "Kundenkultur" vor, sagte die Managerin, die erst Anfang 2014 die Konzernführung übernommen hat. Zugleich beteuerte sie, erst am 31. Jänner von den Problemen erfahren zu haben, die im Unternehmen schon lange bekannt sind. Sobald der Fehler bemerkt wurde, habe der Konzern gehandelt. Seit Februar hat GM deswegen 2,6 Millionen Autos zurückgerufen.
"Ich will selbst die Antworten auf die Fragen, die Sie stellen", sagte Barra während der zweieinhalb Stunden langen Sitzung. Der von der Opel-Mutter engagierte Anwalt Anton Valukas, der schon die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers untersucht hatte, solle Klarheit schaffen. "Wir können die Zeit nicht zurückdrehen", sagte Barra. Um Entschädigungen für Opfer und Hinterbliebene soll sich Anwalt Kenneth Feinberg kümmern, der diese Aufgabe für schon nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 übernahm.
Klagswelle droht
Angesichts dutzender Reporter, laufend klickenden Kameras und zahlreicher Angehöriger von Unfallopfern, die Bilder der Gestorbenen aufgestellt hatten, wirkte Barra angespannt. In ihren eröffnenden Bemerkungen entschuldigte sie sich bei den Betroffenen und zeigte sich "zutiefst betrübt." GM droht nun eine Klagewelle und ein massiver Vertrauensverlust, der den Konzern im Rennen um die Weltmarktführung mit Branchenprimus Toyota und Volkswagen ausbremsen könnte.
(APA/dpa)