Telekom-Pakt unter Zeitdruck: Sperre droht

The head of Austrian state holding company OIAG Kemler gestures in Vienna
The head of Austrian state holding company OIAG Kemler gestures in Vienna(c) REUTERS
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In zwei Wochen muss der Syndikatsvertrag zwischen ÖIAG und America Movil stehen, andernfalls tritt laut Übernahmegesetz eine einjährige Sperre in Kraft. Damit fiele auch die dringend notwendige Kapitalerhöhung flach.

Wien. „Es ist wie ein Ehevertrag bei einem Oligarchen“, beschrieb ÖIAG-Chef Rudolf Kemler vor Kurzem den von der Staatsholding und der America Movil von Carlos Slim angestrebten Syndikatsvertrag bei der Telekom Austria. Man brauche den Pakt nur im Streitfall – aber dafür müsse er hundertprozentig passen. Kemler hat zwar vom ÖIAG-Aufsichtsrat vor einer Woche das offizielle Mandat für die Endverhandlungen mit den Mexikanern erhalten. Eine „g'mahte Wies'n“ sei die Sache aber noch nicht, es gebe noch genügend offene Punkte, heißt es aus Konzernkreisen.

Was das alles so spannend macht, ist nicht nur der komplizierte Inhalt, sondern auch der enorme Zeitdruck: Wenn nämlich der Syndikatsvertrag nicht bis 22./23. April fix unterschrieben ist, dann ist vorerst Schluss – für ein ganzes Jahr.

In diesem Zeitraum, der von der Übernahmekommission auf ein halbes Jahr verkürzt werden kann, darf nicht mehr über das Syndikat verhandelt werden. Damit ist aber auch das Übernahmeangebot an die restlichen Telekom-Aktionäre obsolet. Das müssen ÖIAG und America Movil stellen, weil sie im Syndikat über 50 Prozent der Telekom-Aktien halten und ein Kontrollwechsel (von der ÖIAG zur America Movil) stattfindet.

Slim darf nicht zukaufen

Und nicht zuletzt wäre auch die für die weitere Expansion der Telekom dringend notwendige Kapitalerhöhung, bei der Slim seinen Anteil ausbauen und der Telekom bis zu 1,5 Mrd. Euro einschießen will, „gestorben“. Slim darf während dieser Sperrfrist allerdings auch nicht auf dem Markt Aktien zukaufen.

Der Hintergrund dieser Zeitbombe ist das Übernahmegesetz. Dort heißt es im Paragraf 21, wer allein „die Absicht, ein Angebot zu stellen oder Tatsachen herbeizuführen, die zur Stellung eines Angebots verpflichten, bekanntgemacht hat“, bzw. „öffentlich erklärt hat, dass ein Angebot nicht ausgeschlossen werde“, ist ein Jahr lang für weitere Angebote gesperrt, wenn dies nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums erfolgt. Die Sperrfrist beginnt 40 Börsetage nach der Bekanntgabe der öffentlichen Erklärung.

Im konkreten Fall ist es die Ad-hoc-Meldung der Telekom vom 25. Februar, die diesen Mechanismus ausgelöst hat: Darin bestätigte America Movil, dass „formelle Gespräche über eine mögliche Aktionärsvereinbarung zwischen ÖIAG und America Movil gestartet werden könnten“.

Einfluss Österreichs absichern

Wie berichtet, soll das Syndikat, das auf zehn Jahre ausgelegt ist, den Einfluss Österreichs bei der Telekom absichern. Die ÖIAG soll zumindest die Sperrminorität (25 Prozent plus eine Aktie) halten. Derzeit hat die ÖIAG 28,4 und Slim 26,8 Prozent. Die Partner verpflichten sich, bei allen wichtigen strategischen Entscheidungen an einem Strang zu ziehen und Beschlüsse nicht zu blockieren. Als Vorbild gilt der Vertrag, den die ÖIAG seit Langem bei der OMV mit der IPIC aus Abu Dhabi hat.

Die America Movil strebt indes die industrielle Führung an und will die Telekom künftig konsolidieren. Dazu will sie ihren Anteil über 30 Prozent aufstocken und strebt die Mehrheit der Sitze im Telekom-Aufsichtsrat an. Außerdem beansprucht sie das Recht, den nach dem Abgang von Hans Tschuden freien Posten des Finanzvorstands zu besetzen.

Es gibt also genügend Punkte, über die noch diskutiert wird. Abgesehen vom Erhalt der Konzernzentrale und der Forschungsaktivitäten in Österreich – worüber weitgehend Konsens herrscht – wünschen sich vor allem die Betriebsräte, dass die Mexikaner die hiesigen Gesetze zum Arbeitnehmerschutz anerkennen.

Die Zeit wird auch deshalb äußerst knapp, weil die ÖIAG-Aufsichtsräte – und zwar Kapital- und Arbeitnehmervertreter gleichermaßen – das Vertragswerk naturgemäß sehen und sich darüber austauschen wollen, bevor sie ihren Sanktus geben. Man könne doch so einem wichtigen Regelwerk nicht zustimmen, wenn man es vorher nicht gesehen und geprüft habe, heißt es. Die erste Gelegenheit dazu ergibt sich bereits nächste Woche am Dienstag. Da ist zwar keine offizielle Sitzung des Kontrollorgans angesetzt, aber es gibt ein Treffen zur Vorbereitung der ÖIAG-Hauptversammlung, die im Juni stattfinden soll. Danach sollte es nicht schwierig sein, schnell eine Sonderaufsichtsratssitzung einzuberufen. „Wir arbeiten ohnedies rund um die Uhr“, verlautet aus der Staatsholding.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.04.2014)

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