Fisch auf dem Tisch aus dem Meer vorm Haus

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Inseln der Lagune. Die größeren der kleineren, etwa zwanzig, sind noch bewohnt. Es sind eigene Welten und beliebte Ausflugsziele der Venezianer, die gern authentisch venezianisches Seafood genießen wollen.

■ Burano. Nur 40 Schiffsminuten von San Marco entfernt kündigt sich die Insel durch ihren schiefen Campanile schon von Weitem an. Das Inseldorf mit knapp 3000 Einwohnern, seinen bunten, alljährlich frisch gestrichenen Bilderbuchhäusern hat von jeher von der Stickerei und seinem pittoresken Erscheinungsbild gelebt. Touristen kommen auch heute noch, um einheimische Handarbeiten zu kaufen. Doch die meisten der auf den Straßen verkauften Stickereien kommen aus Südostasien. Die aus feinstem Garn geklöppelten einheimischen Spitzen, an denen früher manchmal zehn Frauen bis zu drei Jahre gearbeitet haben, kann man heute fast nur noch im Museo del Merletto an der Piazza Galuppi bewundern. Die wenigen Restbestände oder Originalarbeiten werden in den Luxusshops rund um den Markusplatz wie Schätze gehütet und können, wenn man überhaupt fündig wird, mehrere tausend Euro kosten. Die Venezianer kommen nach Burano, um in den alteingesessenen Trattorien den besten Fisch der Lagune zu genießen. Garnelen, Tintenfisch, Sardinen, Krebse, wilde Venusmuscheln: alles fangfrisch.

■ Torcello. Wenn Hemingway der berühmten Harry's Bar in Venedig überdrüssig war, zog er nach Torcello und ließ sich in der Locanda Cipriani kräutergefüllte Ravioli und dazu seinen Lieblingswein, Amarone, servieren. Stolz zeigt Signor Brass, Inhaber des nostalgisch eingerichteten Restaurants, Fotos von Königin Elisabeth, Lady Di und Jacqueline Kennedy. Auf der friedvollen Piazza, dem Zentrum von Torcello, die man vom Anlegesteg über einen einsamen Fußweg erreicht, erinnern nur die imposante Kathedrale Santa Maria Assunta mit ihren großartigen Mosaiken und die der heiligen Fosca gewidmete Kirche daran, dass die Insel einmal ein blühendes Handelszentrum mit über 20.000 Einwohnern und einem eigenen Bischof war.

Heute leben hier noch elf Menschen – und im Sommer ein paar Venezianer in ihren Ferienhäusern. Außer Souvenirständen gibt es kein einziges Geschäft mehr. Die Besucher setzen sich nach der Besichtigung für einen Schnappschuss auf den Steinstuhl im Garten, auf dem der Hunnenkönig Attila gethront haben soll, und wandern wieder zum Vaporetto zurück.

■ Sant'Erasmo. „Mit der Lagune geht's immer mehr bergab“, klagt Livio Busetto, Besitzer einer der ältesten Bauernhöfe auf Sant'Erasmo. Jahrhundertelang war die Insel der Gemüsegarten der Serenissima. Schmale Landstraßen schlängeln sich zwischen Artischocken-, Zucchini- und Salatfeldern. Die ländliche Stille wird nur ab und zu durch einen Traktor oder das Rumpeln eines Pferdewagens unterbrochen. Lukrativ ist die Landwirtschaft aber nicht mehr. Seit Venedig die Transportkostenzuschüsse gestrichen hat, können die Erzeugnisse mit den Festlandprodukten preislich nicht mehr konkurrieren. „Die da drüben interessieren sich nur dafür, mit den jährlich 25 Millionen Touristen Geld zu machen“, ärgert sich Busetto. „Ihnen ist es egal, dass hier immer mehr Junge abwandern, weil die Landwirtschaft außer harter Arbeit nichts mehr bringt.“ Ähnlich sieht es auf der Nachbarinsel Le Vignole aus.

Dennoch wechselt die Lagune ihr Gesicht. Anfang der 1990er-Jahre wurde ein gutes Dutzend der kleineren Inseln an öffentliche Institutionen, aber auch an Privatunternehmen für sinnvolle Projekte freigegeben, allerdings mit begrenztem Erfolg. Auf der ehemaligen Augustiner-Insel San Clemente musste das Fünf-Sterne-Palace-Hotel mangels Rentabilität vor Kurzem wieder schließen. Der Club Mediterranée verzichtete nach anfänglichem Interesse. Die Kosten sind zu hoch. Außerdem steigt der Wasserspiegel in der Lagune durch den Klimawechsel kontinuierlich – das alles schreckt Investoren ab.

■ San Servolo. Einen Vaporetto-Stop weiter hat sich auf San Servolo die Venice International University, ein Zusammenschluss mehrerer Hochschulen, etabliert. Das Institut bietet 200 Studenten aus 60 Nationen Kurse in Geistes- und Sozialwissenschaften samt Freizeitprogramm und Unterkunft. Ein multikultureller Mikrokosmos.


■ San Lazzaro degli Armeni. Auf der benachbarten Armenierinsel büffelte 1816 der englische Romantiker und Freiheitskämpfer Lord Byron die armenische Sprache. Die Venezianer hatten die ehemalige Lepra-Quarantänestation Anfang des 18. Jahrhunderts dem aus der Türkei vertriebenen armenischen Mechitaristen-Orden geschenkt. Weltgewandt führen die Mönche die Besucher mehrsprachig durch das mit Memorabilien bespickte Zimmer Byrons, durch Gemäldegalerien und Bibliotheken.


■ San Francesco del Deserto. Ungleich romantischer ist das nur per Wassertaxi erreichbare Inselchen, auf dem die Franziskaner seit Jahrhunderten ihren schönen, von Zypressen umgebenen Konvent betreiben. Mit etwas Glück ist manchmal auch ein Fischer zu einem akzeptablen Preis für ein Crossing bereit. Allein die Fahrt ist ein Erlebnis.

JA, AUCH SCHLAFEN – VOR ALLEM ABER SCHAUEN UND EXQUISIT DINIEREN

MURANO
Murano Palace Hotel,
Fondamente Vetrai 77. Mit seinen nur sechs im venezianischen Stil des 18. Jahrhunderts eingerichteten – und altmodisch tapezierten – Zimmern ist das am Glasbläserufer unweit des Anlegers gelegene kleine Hotel mit Aussicht auf eine Reihe interessanter Geschäfte trotz allem eine Oase der Ruhe. DZ 100–250 Euro. +39/041/73 96 55, muranopalace.com


Restaurant Busa alle Porta, Campo Santo Stefano 3. Preisgünstige, familienfreundliche und rustikale Trattoria mitten auf einem hübschen Platz. Sobald es warm wird, sitzt man heraußen am Kanal. Spezialität sind Fischgerichte, Meeresfrüchte, zum Beispiel Seespinne, und diverse venezianische Spezialitäten. Das ausgesprochen freundliche Service – und der beliebte, etwas beleibte Padrone – macht das Essen zu einem veritablen Ereignis. +041/73 96 62


BURANO
Trattoria al Gatto nero; Fondamenta della Giudecca 88. Eine der beliebtesten und ältesten Trattorien der Insel, direkt am Wasser. Gute venezianische Küche, reiche Auswahl an Fisch, nette Bedienung. Bei gutem Wetter isst man ebenfalls draußen. Mittlere Preislage. Abends ist Reservierung empfohlen. +041/730 120. gattonero.com


Osteria da Romano. Via Galuppi 221. Historisches Restaurant in der Shoppingmeile, dessen Größe – mit einem originell eingerichteten Speisesaal mit zahlreichen Säulen und zahllosen Bildern, Stichen, Fotos, Keramiktellern und Kupferpfannen an den Wänden – man von außen nicht erahnt. Umfangreiche Fischspeisekarte mit seeteufelschwanzgefüllten Ravioli, Seebarsch in Alufolie und Kalbsleber auf venezianische Art (exquisit, mit Zwiebeln, Lorbeer und Petersilie). Oskar Kokoschka hat auch einmal hereingeschaut, wie unzählige Schriftsteller – Ezra Pound, Alberto Moravia, Hemingway natürlich –, Musiker, Sänger und andere Promis. Das Gästebuch ist dank vieler Einträge der Künstler selbst ein Kunstwerk. Nur mittleres Preisniveau. +041/73 00 30. daromano.it

MAZZORBO
Venissa. Fondamenta Santa Caterina 3. Eine kurze, schmale Brücke verbindet Burano mit der Miniinsel – ein Dorado für Naturfreaks. Im Restaurant der hübsch, nüchtern und elegant eingerichteten Sechszimmerherberge mitten im Grünen werden schmackhafte einheimische Gerichte, zum Teil mit Zutaten aus dem Eigenanbau, und natürlich Fisch jeder Art serviert. +041/527 22 81, venissa.it

TORCELLO
Locanda Cipriani. Piazza Santa Fosca 29. Die einst bescheidene Trattoria aus den 1930er-Jahren wurde vor allem durch Ernest Hemingway bekannt, der dem heute weltberühmten Lokal mit traditioneller Küche und romantischem Garten in seinen Romanen ein Denkmal setzte. Königin Elisabeth mit Mum, Angela Jolie, Nicolas Cage und Steven Spielberg waren ebenfalls amused. Die Locanda verfügt über drei Zimmer und zwei Suiten – ab 130 Euro. +041/73 01 50, locandacipriani.com


Osteria al Ponte del Diavolo. Fondamenta dei Borgognoni 10. An der gleichnamigen historischen Brücke gelegenes Restaurant mit elegantem modernen Interieur und beheizbarem Gartenpavillon, umgeben von Blumen und Bäumen, daher bei Hochzeitern sehr beliebt. Die Küche ist kulinarischer Zeitgeist: erstklassige Grundprodukte, naturbelassen und vor allem die Antipasti fantasievoll dekoriert. Großartige Weinkarte mit Kreszenzen aus allen italienischen Regionen – von Südtirol und Friaul bis Sizilien. Eines der besten Restaurants von Venedig, dabei nur mittleres Preisniveau. +041/73 04 01. osteriaalpontedeldiavolo.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2014)

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