Minister Spindeleggers erste Budgetrede soll Trendumkehr nach Schuldenrekord zeigen. Bei Wohnbau, Fördertöpfen und Pflege wurden aber Konflikte auf den Finanzausgleich 2016 verschoben.
Wien. Österreichs Staatsschulden schnellen als Folge des Hypo-Alpe-Adria-Desasters auf 79,2 Prozent der Wirtschaftsleistung hinauf, das Defizit bleibt heuer mit 2,7 Prozent nur knapp unter der für Brüssel relevanten Dreiprozentmarke. Aber Lösungen, bei denen es um Milliardenbeträge geht, wurden von vornherein auf den nächsten Finanzausgleich 2016 verschoben. Damit kündigt sich schon jetzt für die Verhandlungen 2015 zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ein erbittertes Kräftemessen um die Neuaufteilung des Finanztopfes des Staates an.
Neuaufteilung der Steuereinnahmen
Unter diesen wenig rosigen Begleitumständen liefert Finanzminister ÖVP-Chef Michael Spindelegger am Dienstag mit seiner ersten Budgetrede (>> DiePresse.com tickert ab 10 Uhr live aus dem Parlament) die Voranschläge für 2014 und 2015 und den bis 2018 verlängerten Finanzrahmen im Nationalrat ab.
Dem Anwachsen des Schuldenberges stellt Spindelegger entgegen, dass die Regierung eine Trendumkehr einleite, die auch mit Reformen 2016 zu einem „strukturellen Nulldefizit“ führen soll. Zugleich verweist er auf Offensivmittel für Investitionen mit insgesamt 3,6 Milliarden Euro. Dazu kommen Zusatzausgaben für Familienbeihilfen (828 Millionen Euro), Kinderbetreuung (350 Millionen Euro), Pflege (310 Millionen), Hochwasserschutz (462 Millionen) sowie Grundlagenforschung (300 Millionen).
Allerdings hängt völlig in der Luft, wie es bei der Aufteilung der Steuereinnahmen (Finanzausgleich) und bei diversen Vorhaben ab 2016 weitergeht. All das muss im kommenden Jahr zwischen Bund, Ländern und Gemeinden neu verteilt werden, weil der zuletzt nur mehr als Übergangsregelung verlängerte Finanzausgleich Ende 2015 ausläuft. Damit kommen umstrittene Punkte auf den Tisch, bei denen sich die Regierung um Entscheidungen gedrückt hat. Das gilt speziell für die Wohnbauförderung mit rund 2,8 Milliarden Euro, die regelmäßig zur Kraftprobe mit den Ländern führt. Zusätzlichen Zündstoff liefert diesmal die von Bundesseite angestrebte Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbaumittel.
Bei der Finanzierung der Pflege hat Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) zwar eine Übergangslösung mit hunderten Millionen vorgesehen. Die Länder machen aber schon jetzt Druck, rechtzeitig zu klären, wie ab 2016 zusätzliches Geld aufgetrieben wird. Bund, Länder und Gemeinden stehen mit dem Rücken zur Wand, weil die Prognosen einen weiteren deutlichen Anstieg der Kosten für die Pflege verheißen. Ebenfalls vertagt wurde eine Reform des Förderwesens. Auch dies betrifft die Finanztöpfe aller Gebietskörperschaften. Bei der Gesamtsumme von rund 16 Milliarden Euro sehen Experten beträchtliches Sparpotenzial.
Der Konflikt um die Einsparungen im Schulwesen war nur ein Vorgeschmack auf kommende Auseinandersetzungen. Es geht um Kompetenzen und Finanzfragen ebenso wie um Verwaltungsreformen bis zu Sanktionen bei Nichteinhaltung etwa von Vereinbarungen über Lehreranstellungen. Dazu kommt, dass im Landtagswahljahr 2015 (Wien, Oberösterreich, Steiermark, Burgenland) der Druck für eine Steuerreform und -entlastung massiv steigen wird. Dies hat direkte Auswirkung auf den Finanzausgleich.
Grunderwerbsteuer von Geschwistern
Bei einem aktuellen Konflikt, der Neuregelung der Grunderwerbsteuer im Familienkreis, zeichnet sich hingegen ein Kompromiss ab. Nach Informationen der „Presse“ bleibt es grundsätzlich bei der von Spindelegger vorgesehenen Gesetzeslösung: Demnach profitieren bei Verkauf, Vererbung und Schenkung innerhalb der Familie die Angehörigen ab 1. Juni 2014 von einer begünstigten Steuerberechnungsbasis. Allerdings wird der Kreis nun doch eingeschränkt: Geschwister, Nichten und Neffen sollen demnach nicht in die günstigere Regelung fallen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2014)