Sonderlandtag

Inflation: Tiroler Opposition wirft Landesregierung „Tiefschlaf“ vor

ÖVP und SPÖ betonten in einer Sondersitzung zur Teuerung, es gebe bereits Hilfen und weitere seien geplant.

Die Landesregierung aus ÖVP und SPÖ und die Opposition haben am Donnerstag im Tiroler Landtag im Rahmen einer Teuerungs-Sondersitzung die Klingen gekreuzt. Die Debatte rund um Wohnen, Strompreise etc. verlief entlang der erwartbaren Linien. Die Oppositionsparteien FPÖ, Liste Fritz, Grüne und Neos sahen Schwarz-Rot im „Tiefschlaf“, explodierende Kosten und zu wenig Druck auf die landeseigenen Gesellschaften. Die Koalitionäre verwiesen auf gesetzte und geplante Maßnahmen.

Man habe sich in den vergangenen Monaten mit allen möglichen Skandalen wie GemNova und Co. beschäftigt, aber nicht mit leistbarem Wohnen, kritisierte Grünen-Klubchef Gebi Mair. „Wohnen ist ein Grundbedürfnis“ und die Wohnkosten würden ungehindert steigen. Der grüne Klubchef verwies darauf, dass sich gleichzeitig aufgrund von Zinsüberschüssen der Gewinn der landeseigenen Hypo Tirol Bank im ersten Halbjahr 2023 fast verdreifacht hätte. „Die Mieterinnen und Mieter sind Ihnen vollkommen egal“, so Mair in Richtung der Regierungsparteien.

„Eine glatte Fünf“ gab der FPÖ-Landesparteichef und Klubobmann Markus Abwerzger der Landesregierung vor allem beim Wohn-Thema. Man produziere „nette Bilder“ und inszeniere sich, setze jedoch nichts um. Angesichts von Beispielen enorm gestiegener Energiepreis-Vorschreibungen und Mieten im dreistelligen Prozentbereich meinte der blaue Klubchef: „Das geht nicht“. „Es gibt sehr viele Leute da draußen, die sich das tägliche Leben nicht mehr leisten können“, meinte Abwerzger. „Es ist alles schiefgelaufen, was ihr bisher versucht habt, es hat nichts funktioniert“, zog der blaue Frontmann aus seiner Sicht Bilanz über die Wohnbaupolitik der vergangenen Jahre.

Als Bürger und Vater könne er die Verzweiflung vieler Menschen nachvollziehen, betonte Neos-Klubobmann Dominik Oberhofer. Die Ansage der Regierungsparteien im Wahlkampf sei hingegen gewesen: „Wir stoppen die Teuerung“, erinnerte Oberhofer. Stattdessen schreite diese voran und die landeseigenen Unternehmen wie die Hypo Tirol würden Gewinne feiern. „Erstmals seit 1945 werden wir ärmer, das merken wir alle“, malte der pinke Frontmann ein düsteres Bild.

„Das bisherige Politgeplänkel wird dem Ernst des Themas nicht gerecht“, kritisierte indes Liste Fritz-Klubobmann Markus Sint. „Menschen, die es jahrelang knapp geschafft haben, schaffen es jetzt nicht mehr“, warnte er. Leistbares Wohnen in Tirol gehe indes nicht über die Wohnbauförderung, sondern über die Bodenpolitik. Bauland müsse mobilisiert werden. Es müsse erhoben werden, wem gehortetes Bauland gehöre. „Aber das will man ja nicht wissen“, kritisierte Sint die Regierung. „Leistbares Wohnen braucht leistbaren Grund und Boden“, schloss der Klubobmann. „Ihr hattet neun Jahre Zeit“, ließ der Liste-Fritz-Politiker indes auch den grünen Klubchef Mair nicht außen vor und verwies auf die vorherige Regierungszeit der Grünen mit der ÖVP.

Man habe im Bereich Wohnen, das auch ihm Sorge bereite, bereits Maßnahmen gesetzt, verteidigte indes Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) die Landesregierung. Gewisse „Verwerfungen“ wolle er jedoch nicht schönreden. „Grund und Boden ist nur ein Parameter“, widersprach Mattle Liste-Fritz-Klubobmann Sint. Auch Baukosten seien etwa gestiegen. Man müsse auch an anderen Schrauben drehen. „Wir können als Land Tirol nicht alle Teuerungssprünge abwehren, aber wir können der Bevölkerung zur Seite stehen“, so Mattle und nannte Maßnahmen wie den bereits paktierten Tirol-Zuschuss und weitere Hilfen. Zur landeseigenen Tiwag sagte Mattle, nach wie vor seien dessen Preise die niedrigsten aller Landesenergieversorger. Als Eigentümervertreter erwarte er sich dennoch einen weiteren Preisnachlass.

Dornauer: „Wir wissen, wie es den Menschen geht“

„Wir wissen, wie es den Menschen geht“, ließ indes Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer (SPÖ) das Plenum wissen. Die derzeitige Teuerungswelle führe zu einer „toxischen Mischung“. „Frust und fast Gehässigkeit“, die er angesichts der Energiepreise spüre, habe er zuletzt beim vorübergehenden Beschluss der Covid-Pflichtimpfung gespürt. Dornauer verwies indes ebenso wie Mattle auf bereits gesetzte Maßnahmen der Landesregierung wie die Erhöhung von Wohnbau- und Mietzinsbeihilfen. Selbstverständlich müssten jedoch noch weitere Schritte folgen, kündigte der rote Landesparteichef an.

Wenn der Landeshauptmann nach den Ausführungen der Opposition nur auf bisher gesetzte Maßnahmen wie gesenkte Kosten verweise, dann „reden Sie an der Lebensrealität der Menschen vorbei“, meldete sich dann Sint nochmals zu Wort. „Ich sage nicht, dass die Landesregierung nichts tut. Aber Sie müssen mehr machen.“

Die Sondersitzung des Tiroler Landtages, eine Seltenheit, war auf Antrag der Oppositionsparteien FPÖ, Grüne und Neos angesetzt worden - die Liste Fritz war hier nicht mitgegangen. Gefordert worden war von der Landesregierung unter anderem ein „Wohn-Entlastungspaket“ mit 300 Millionen Euro für billigeres Wohnen. Letztlich wurde der Antrag von der Regierungsmehrheit auf die Ausschussebene verwiesen. Auch die Liste Fritz hatte Dringlichkeitsanträge zur Senkung der Strom- und Gaspreise sowie mehr Mittel für die Schuldnerberatung Tirol eingebracht.

Schwarz-Rot hatte der Sondersitzung indes am Wochenende bereits vorgebaut und angekündigt, im Rahmen einer neuen Wohnkosten-Verordnung zusätzliche vier Millionen Euro für Menschen in finanzieller Notlage zur Verfügung zu stellen. Zudem war ein Paket zur Abfederung der steigenden Mieten bei den gemeinnützigen Wohnbauträgern geschnürt worden. In jenem Bereich sollten zusätzliche fünf Millionen Euro eingesetzt werden. (APA)

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