Forschung

Wortstarker Aufdecker sozialer Phänomene

„Technik braucht gesellschaftliche Akzeptanz“, sagt Soziologe Alexander Bogner.
„Technik braucht gesellschaftliche Akzeptanz“, sagt Soziologe Alexander Bogner.ÖAW/D. Hinterramskogler
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Alexander Bogner befasst sich mit dem Verhältnis von Wissenschaft und Politik – etwa in der Pandemie oder rund um die Klimakrise.

Ich bin überzeugt, dass die Soziologie ihrer Gesellschaft etwas zu sagen hat“, erklärt Alexander Bogner. Und lebt es selbst. Der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie ließ etwa heuer mit seinen Überlegungen zum Umgang mit Wissenschaftsskepsis aufhorchen, sein Essay gewann einen Wettbewerb der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Wie schon 2021, als er über den Beitrag der Wissenschaft bei der Bewältigung der Pandemie geschrieben hatte, und auch 2019, als er für seine Perspektiven zur gesellschaftlichen Relevanz von Forschung ausgezeichnet wurde.

Es braucht mehr als schöne Geschichten

Die Soziologie dürfe jedoch nicht in politischen Aktivismus verfallen, mahnt Bogner die kritische Distanz ein. Aktuell befasst er sich in seiner Forschung am Institut für Technikfolgen-Abschätzung der ÖAW etwa mit der Rolle wissenschaftlicher Politikberatung, wie es sie während der Pandemie gab – und wie sie nun etwa in Form der Sachstandsberichte des Weltklimarats auch die Klimadebatte begleitet. Doch sein Themenspektrum ist breit. Der gebürtige Münchner promovierte an der Uni Wien mit einer Studie zum Umgang mit Ungewissheit und Nichtwissen in der Pränataldiagnostik. Die Habilitationsschrift verfasste er zur Ethisierung von Technikkonflikten.

Warum ist es wichtig, dass sich die Soziologie mit solchen Fragen auseinandersetzt? „Wissenschaft und Technik können nur funktionieren, wenn die gesellschaftliche Akzeptanz da ist“, sagt Bogner. Doch das Verhältnis ist mitunter ein schwieriges. Wissenschaftsskepsis sei weit mehr als ein Wissensproblem, dem man mit schönen Geschichten über die Forschung begegnen kann: „Es ist vor allem ein Werteproblem. Leute lehnen die Wissenschaft ab, weil sie nicht mit dem zurechtkommen, was die Wissenschaft fordert: eine offene, diskursive Haltung. Oder sie lehnen sie ab, weil deren Erkenntnisse mit lieb gewonnenen Überzeugungen oder Gewohnheiten kollidieren“, schildert Bogner. Oft würden sich hinter Auseinandersetzungen um die Wissenschaft politische Konflikte verstecken.

Eine Bühne für unterschiedliche Werte

Seine Erhebungen zeigten zudem, dass die meisten Menschen gar nicht unbedingt die Welt der Wissenschaft von sich weisen, sondern argwöhnisch sind, weil sie glauben, die Forschung sei von Industrie oder Politik ferngesteuert, also nicht autonom. „Das bringt sie in Opposition zur Wissenschaft.“ Man müsse daher eine offene Debatte führen, in der auch unterschiedliche Werthaltungen und Interessen eine Bühne finden, appelliert Bogner. Als Soziologe ist er bis heute davon fasziniert, „wie so etwas Hochkomplexes und Abstraktes wie Gesellschaft funktionieren kann“.

Wo findet er Ausgleich zum vielen Denken? In erster Linie beim Sport. Bogner spielt Basketball, Fußball und Darts, fährt Rad und joggt. Das sei ganz wichtig, um den großen Nachteil der Wissenschaft wettzumachen, die im Wesentlichen eine sitzende Beschäftigung sei. „Ich brauche diese Action“, sagt Bogner.

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