Kommentar

Das Kalte-Progression-Paket ist nicht schlecht, es wäre aber auch besser gegangen

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) anl. der Pressekonferenz der Bundesregierung „Verwendung des ‚Letzten Drittels‘ nach Abschaffung der kalten Progression“
Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) anl. der Pressekonferenz der Bundesregierung „Verwendung des ‚Letzten Drittels‘ nach Abschaffung der kalten Progression“APA / Eva Manhart
  • Drucken

Die Aufteilung des verbliebenen Drittels der kalten Progression mutet wieder einmal wie das „Beste aus beiden Welten an“ und ist daher positiv zu sehen. Ein wichtiger Punkt wurde jedoch vergessen.

Es ist grundsätzlich gut, was die Regierung am Freitagvormittag präsentiert hat: So wird auch das dritte Drittel aus der kalten Progression den Steuerzahlern zurückgegeben und nicht für andere Zwecke verwendet. Die Regelung, wonach nur der überwiegende Teil, nämlich zwei Drittel, automatisch durch die Anhebung der Progressionsstufen zurückgegeben wird, hat sich die Regierung bei der Abschaffung der kalten Progression ja ausbedungen. Über das verbliebene Drittel entscheidet der Nationalrat jedes Jahr neu.

Und auch die Aufteilung geht durchaus in Ordnung und erinnert ein wenig an das einstige Motto der Regierung, wonach es um das „Beste aus beiden Welten“ gehe. Die Grünen haben dafür gesorgt, dass vor allem die unteren Gehaltsbezieher entlastet werden. So fließen 800 Millionen der verfügbaren 1,2 Milliarden Euro in die Anhebung der ersten vier Tarifstufen. Mit einer Höhe von rund 66.000 Euro pro Jahr in der vierten Stufe reicht dies aber weit in die Mittelschicht hinein. Zudem profitieren aufgrund des progressiven Steuersystems auch Besserverdiener von diesen Anhebungen, nur halt nicht so stark, wie wenn auch die oberen Tarifstufen angehoben worden wären.

Mehr Geld für Familien

Die ÖVP wiederum hat darauf geschaut, dass auch das Thema „Leistung“ nicht zu kurz kommt. Dies erfolgt vor allem durch eine Anhebung der Freigrenzen für Überstunden. Es soll sich also auch für Arbeitnehmer wieder mehr auszahlen, den einen oder anderen Auftrag auch nach Ablauf der Normalarbeitszeit noch fertig zu machen. Und für beide Koalitionspartner war wichtig, dass für Familien mehr getan werden soll. Einerseits durch die Erhöhung des Kindermehrbetrags für Familien mit niedrigen Einkommen, andererseits durch die Erhöhung des steuerfreien Zuschusses für die Kinderbetreuung durch die Arbeitgeber.

Alles paletti also? Nicht ganz. Denn ein wichtiger Punkt wurde vergessen. So sorgt die aktuelle Inflationswelle, die in Österreich auch weit über dem europäischen Durchschnitt liegt, samt den damit verbundenen Lohnrunden dafür, dass die Arbeitskosten in Österreich massiv steigen. Laut Wifo war der Anstieg der Lohnstückkosten zuletzt so stark wie seit 30 Jahren nicht mehr. Es geht also zunehmend nicht mehr nur darum, dass den Menschen netto mehr Geld von ihren Bruttolöhnen in den Geldbörsen bleibt, sondern auch darum, dass es die Jobs noch gibt, bei denen diese Bruttolöhne gezahlt werden können. Und das wird angesichts der bevorstehenden Lohnrunde noch wesentlich brisanter.

Chance für kommende Lohnrunde verpasst

Die Regierung hätte hier nun also die Möglichkeit gehabt, auch diesen Bereich zu adressieren. Etwa, indem auch Lohnnebenkosten gesenkt werden. Dann wäre es für die Arbeitgeber leichter möglich, ihren Mitarbeitern netto die volle Inflationsanhebung zu gewähren, ohne dass die Arbeitskosten auch prozentuell im selben Ausmaß steigen. Darauf wurde aber vergessen. War anscheinend nicht Teil des „Besten der beiden Welten“.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.