Steuern

Abschaffung der Kalten Progression: Wie 3,6 Milliarden Euro verteilt werden

Präsentieren die Entlastung: Sozialminister Johannes Rauch, Bundeskanzler Karl Nehammer, Finanzminister Magnus Brunner.
Präsentieren die Entlastung: Sozialminister Johannes Rauch, Bundeskanzler Karl Nehammer, Finanzminister Magnus Brunner.APA / Eva Manhart
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Die Steuerstufen werden angehoben, Absetzbeträge steigen, Überstunden sind steuerlich entlastet. Die Begünstigung des Home Office wird zum Dauerrecht.

3,6 Milliarden Euro bringt die Abschaffung der Kalten Progression im kommenden Jahr den Steuerzahlern. Zwei Drittel davon sind gesetzlich fixiert und fließen in die automatische Anpassung der Steuerstufen an die Inflation. Das letzte Drittel kann die Regierung verteilen und damit gezielt Anreize setzen.

Welche Anreize das sind? Da gibt es innerhalb der Koalition offensichtlich unterschiedliche Sichtweisen. „Wir wollen Leistung sichtbar und spürbar machen“, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Freitag. Man könne einen solidarischen Wohlfahrtsstaat nur finanzieren und erhalten, wenn es die Anreize gebe, dass sich Leistung auch lohne. Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) sieht dagegen in den nun verteilten Mitteln ein „soziales Drittel“. Man habe die Spielräume geschaffen, um sozial treffsicher Anreize zu schaffen.

Tarifstufen werden weiter angehoben

Was steckt also wirklich in dem Paket, das die türkis-grüne Regierung ausgetüftelt hat? Wohl von allem ein bisschen. Ein guter Teil der Mittel fließt in eine weitere Anhebung der Tarifstufen. Die erste Steuerstufe beginnt nun bei 12.816 Euro – erst ab diesem Jahreseinkommen zahlt man also Lohn- und Einkommenssteuer. Auch die Absetzbeträge werden an die Inflation angepasst. Das ÖVP-Thema „Leistung muss sich lohnen“ ist vor allem in der Begünstigung von Überstunden abgebildet: 18 Überstunden im Monat sind begünstigt, 200 Euro im Monat können steuerfrei ausbezahlt werden.

Für das „soziale Drittel“ der Grünen gibt es Verbesserungen bei den Familienleistungen: Der „Kindermehrbetrag“ für Familien mit niedrigen Einkommen wird von 550 auf 700 Euro angehoben, Arbeitgeber können eine steuerfreien Zuschuss für die Kinderbetreuung von 2000 Euro (bisher 1000) geben.

Rechenbeispiele: Was bringt die Entlastung einer alleinerziehenden Angestellten?

Außerdem beschlossen wurde eine bessere steuerliche Begünstigung der Schmutz- und Erschwerniszulage, eine Verlängerung der Home Office Regelung für Angestellte sowie eine Erhöhung des Gewinnfreibetrags für Selbstständige.

Die Auswirkung der Maßnahmen? Da haben beide Parteien ein Berechnungsbeispiel parat. Zum Thema „Leistung muss sich lohnen“: Ein Angestellter in einer Stahlfabrik mit 20 Überstunden im Monat und einem Bruttogehalt von 3666 Euro bekommt nächstes Jahr 1200 Euro mehr netto. Zum Thema „soziales Drittel“: Eine alleinerziehende Angestellte mit zwei Kindern und einem Bruttogehalt von 1650 Euro wird um 706 Euro entlastet.

SPÖ ortet „Trostpflaster“, FPÖ „Taschenspielertrick“

Kritik kam von der Opposition: SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer kritisierte das „ausufernde Selbstlob der Regierung“, obwohl das „Trostpflaster“ der Abschaffung der Kalten Progression „das Regierungsversagen bei der Inflation nicht kompensieren“ könne. Die Neos warfen der Regierung eine „So-tun-als-ob-Politik“ vor. Die Abschaffung der Kalten Progression sei keine Entlastung, sondern „nur der seit Jahrzehnten überfällige Verzicht auf eine zusätzliche Belastung“, so Wirtschafts- und Sozialsprecher Gerald Loacker . Österreich bleibe weiterhin „ein absolutes Hochsteuerland“.

Die Steuern auf Arbeit seien in Österreich nach wie vor viel zu hoch, kritisierte auch die FPÖ und sprach von einem „Taschenspielertrick“ der Regierung. Die Kalte Progression sei nicht abgeschafft, sondern nur um zwei Drittel reduziert worden. „Das verbleibende Drittel nimmt sich der Staat nach wie vor vom Steuerzahler, um es umzuverteilen“, so der oberösterreichische Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner, der neben einer „echten Abschaffung dieser versteckten Steuer“ einen klaren Fahrplan zur wirksamen Bekämpfung der Inflation forderte.

Fiskalrats-Präsident Christoph Badelt beurteilte die Regierungspläne „auf den ersten Blick“ als „sehr vernünftig“, weil die niedrigen Einkommensstufen stärker entlastet würden. Die stärkere steuerliche Entlastung von Überstunden und die Verlängerung der Homeoffice-Regelung passe als arbeitsmarktpolitische Maßnahme gut in eine Situation des Arbeitskräftemangels, so Badelt im „Ö1“-Mittagsjournal. Generell blieb der Chef des Fiskalrats aber bei seiner Warnung, dass durch die Abschaffung der Kalten Progression der Regierung Spielräumen in kommenden Haushalten fehlen würden.

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