Randerscheinung

Wohin die Reise nicht gehen soll

Florian Asamer
Florian Asamer Carolina Frank
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Erwachsene konzentrieren sich ja gern darauf, das, was sie selbst machen, meinen, mögen, mit viel Energie den Kindern überzustülpen.

Der Jüngste folgt unter anderem auch einem Outdoor-Influencer. Das finde ich lustig, weil er ja zum Indoor-Faulenzer tendiert, zumindest dann, wenn das Alternativprogramm in der echten Welt nicht wirklich attraktiv ist. Dann schaut er übers Handy zu, wie die Einflussübenden versuchen, in irgendeiner Wildnis zu überleben. Mit nichts als dem Inhalt, der in ein verschraubbares Deckelglas passt, als Gepäck. Es darf dorthin übrigens nichts Elektronisches mitgenommen werden, um zu überleben.

Die, die zuschauen, erwecken aber den Eindruck, als könnten sie zu Hause ohne Elektronik nur wenig länger überleben als ein Fisch ohne Wasser. Keine Sorge, das wird hier keine Bildschirm-Klage-Kolumne, dieser Zug ist ohnehin längst aus dem Bahnhof. Und wahrscheinlich ist das gar nicht so schlimm. Erwachsene konzentrieren sich ja gern darauf, das, was sie selbst machen, meinen, mögen, mit viel Energie den Kindern überzustülpen.

Ich bin da sicher keine Ausnahme. Der Jüngste hat neulich nach einer längeren Diskussion, bei der es um die Schule ging, zu mir gesagt: „Gerade du müsstest ja gut verstehen, wenn man nicht so werden will wie der eigene Vater.“ Das hat mich über den Tag hinaus nachdenklich gemacht. Weil ich das einerseits tatsächlich viel zu gut verstehe, vieles, was ich heute mache, meine, mag, entspringt wirklich dem Wunsch danach, es anders zu machen. Andererseits fühlt es sich irgendwie nicht so gut an, das Navi zu sein, das anzeigt, wohin die Reise besser nicht gehen soll.

Als Vater-Influencer habe ich immerhin einiges bewirkt. Die Buben schauen sich offenbar an, was ich so tue, und denken sich: „Kann man so machen, muss man aber nicht.“ Bisher ist der Jüngste übrigens auch noch mit keinem Deckelglas in die Wildnis aufgebrochen.

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("Die Presse Schaufenster" vom 22.9.23)

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