Forschung

Die digitalen Zwillinge künftiger Energiesysteme

Sonja Wogrin (TU Graz).
Sonja Wogrin (TU Graz).TU Graz / Helmut Lunghammer
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Sonja Wogrin entwirft am Computer Modelle, wie das österreichische Energiesystem aussehen muss, um stabil und klimaneutral zu funktionieren.

Erst kürzlich gelang ihr ein ganz besonderer Erfolg. Sonja Wogrin, Leiterin des Instituts für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation der TU Graz, warb einen der begehrten, mit rund 1,5 Millionen Euro hoch dotierten Starting Grants des Europäischen Forschungsrats (ERC) ein. „Das sind die Oscars der Forschung. Und es ist ein wunderschönes Zeichen, wie wichtig unsere Forschung für Energiesysteme ist“, sagt sie.

Die passionierte Forscherin ist längst auch im universitären Management angekommen, etwa als Sprecherin des Research Centers Energetics der TU, das Lösungsansätze zur Dekarbonisierung aus allen Fakultäten zusammenführt. In ihrer wissenschaftlichen Arbeit gestaltet Wogrin aber beständig digitale Zwillinge des österreichischen Energiesystems weiter. Mit Computermodellen lässt sich nämlich vorwegnehmen, wie dieses künftig aussehen könnte. „Man kann ganz unterschiedliche Szenarien durchspielen“, erläutert Wogrin.

Leistungsgrenze der Supercomputer

Damit will man den großen Herausforderungen begegnen, mit denen Elektrizitätssysteme derzeit allerorts konfrontiert sind: Sie werden in den kommenden Jahrzehnten aus- und umgebaut, damit sie stabil und klimaneutral zugleich sind. Um hier die richtigen Entscheidungshilfen bieten zu können, nutzen Forschende sehr komplexe Modelle – meist so groß, dass selbst Supercomputer an ihre Leistungsgrenze kommen. Daher fasst man Daten zusammen. „Das macht die Modelle zwar numerisch lösbar, aber dafür ungenauer“, erklärt Wogrin das Problem, das sie mit ihrem Starting Grant ein Stück weit lösen will. Ziel ist, Methoden zu entwickeln, mit denen sich bei gleicher Rechenleistung aussagekräftigere Modelle erstellen lassen.

Das methodische Rüstzeug hat Wogrin in der ganzen Welt gesammelt. Sie stammt aus St. Filippen in Kärnten und studierte Technische Mathematik an der TU Graz. Am MIT (Massachusetts Institute of Technology), USA, absolvierte sie 2008 ein Masterstudium. Das Doktorat schloss sie 2013 an der Comillas Pontifical University in Spanien ab, wo sie auch als ao. Professorin arbeitete. Der Liebe wegen blieb sie zehn Jahre lang. Mit dem Ruf an ihre Alma Mater übersiedelte sie schließlich 2021 gemeinsam mit ihrem Mann in die Steiermark.

Pionierin an Elektrotechnik-Fakultät

Damit ist sie eine Pionierin: Denn Wogrin ist in der mehr als 200-jährigen Geschichte der TU Graz erst die zweite Frau mit einem Lehrstuhl für Elektrotechnik. „Das ist wichtig, denn Frauen und Männer denken anders, sie bringen unterschiedliche Probleme auf den Tisch und gehen anders damit um“, sagt die Forscherin. Nachsatz: „Ich wollte immer etwas tun, das der Welt etwas bringt.“ Trotz der großen Herausforderungen, vor denen die Gesellschaft steht, strahlt Wogrin bei jedem Wort Zuversicht aus: „Wir Menschen sind aus den Höhlen herausgekommen und auf den Mond geflogen. Wir können das hinkriegen.“

Aber: Die Bevölkerung müsse es wirklich wollen – und jede und jeder Einzelne einen Beitrag leisten. (gral)

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