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Impfstoff, Industrie und Italien

Gerald Schneikart beschäftigt sich mit digitalen Assistenzsystemen für die biomedizinische Forschung, Pharmalogistik und Learning Analytics. 
Gerald Schneikart beschäftigt sich mit digitalen Assistenzsystemen für die biomedizinische Forschung, Pharmalogistik und Learning Analytics. Clemens Fabry
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Der Molekularbiologe Gerald Schneikart will das Potenzial digitaler Technologien in der Pharmabranche besser ausschöpfen. Aktuell forscht er zum Transport von Medikamenten.

Die pharmazeutische und biomedizinische Industrie gelten als hochinnovativ. Trotzdem gibt es in diesen Branchen noch Luft nach oben, wenn es um den Einsatz neuester Technologien geht. Gerald Schneikart, Forscher an der Fachhochschule (FH) Wien der WKW, mangelt es nicht an Ideen zum Einsatz digitaler Methoden und künstlicher Intelligenz (KI): Diese reichen von automatisierten Prozessen, durch die Fehlerquoten bei der Laborarbeit gesenkt werden können, über technische Hilfsmittel, die im Übergangsbereich zwischen Büro und Labor das Risiko von Kontaminationen vermindern, bis hin zu smarter Software, die die enorm anwachsende Zahl von Publikationen durchforstet. Aktuell arbeitet der Wissenschaftler mit seinem Team an Lösungen, um den Transport von Medikamenten effizienter und ökologischer zu gestalten, etwa durch Verwendung KI-gesteuerter Mehrwegboxen und intelligenter Lagerregale.

Italophil seit dem Doktorat

Schneikart wurde ursprünglich als Molekularbiologe in Wien ausgebildet. Das Masterstudium schloss er mit einer Arbeit im Bereich HIV-Impfstoffe ab, die er am Robert-Koch-Institut in Berlin verfasste. Parallel zur Grundlagenforschung hätten ihn schon damals die Pharmaindustrie und deren Produkte fasziniert, so der Forscher. „Das sind einfach relativ einflussreiche Produkte, wenn man zum Beispiel an Impfstoffe denkt.“ Als Glücksfall empfindet er noch heute, 2014 als Doktorand in die PhD-Akademie für Impfstoffentwicklung eines Pharma-Weltkonzerns aufgenommen worden zu sein. Attraktiv an diesem Programm im italienischen Siena sei für ihn vor allem die Möglichkeit gewesen, Industrie-Erfahrung zu sammeln. „Ich war ein ganz normaler Angestellter im Research- und Development-Center. Das war sehr interessant.“

Mit Italien fühlt sich Schneikart bis heute verbunden. Geblieben ist ihm nach dem Doktorat eine Schwäche für die italienische Lebensart, die Küche, den Kleidungsstil und die lockerere Mentalität der Menschen. Letztere mag ihm auch dabei geholfen haben, auf passablem Niveau italienisch zu kommunizieren. Nach dem PhD-Studium entschloss sich der Forscher zu einem Business-Studium in den USA. Während der drei Jahre im Pharmaunternehmen habe er sich oft Gedanken gemacht, mit welchen Problemen sich Führungskräfte auseinandersetzten. „Ich hatte als Absolvent eines humanistischen Gymnasiums keinerlei wirtschaftliche Ausbildung und dachte, es wäre gut, sich in diese Richtung zu qualifizieren, um mir später einmal vielleicht neue Möglichkeiten zu eröffnen.“

Erst Oulu, dann New York

Diese Möglichkeit bot sich mit einem Auslandssemester an der Zicklin School of Business des Baruch College in New York. Dort konnte sich der Molekularbiologe Kenntnisse etwa in Finanzwirtschaft und Management aneignen. Weichenstellend für seine weitere berufliche Entwicklung war jedoch ein Kurs für digitale Transformation. „Da ging es um IT-basierte Business-Initiativen. Dieser Kurs hat mich eigentlich dahin gebracht, wo ich jetzt bin.“ Es entstand eine zweite Masterthese, diesmal aus Management-Perspektive, über die Entwicklung von Assistenzsystemen für die biomedizinische Forschung. Der Forscher graduierte damit zum Master of Business Administration.

»An der FH kann ich meine Potenziale nicht nur als Wissenschaftler, sondern auch als Projektmanager entwickeln.«

New York war Schneikarts vierter Ausbildungsstandort im Ausland – nach dem finnischen Oulu, wo er während des Studiums ein Austauschsemester verbrachte; nach Berlin, wo seine Masterarbeit entstand; und nach dem Doktoratsstudium in Siena. So wenig er die Erfahrung der 24/7-Betriebsamkeit im Big Apple missen möchte, so sehr genießt er inzwischen das etwas beschaulichere Wiener Neustadt. Auch hier tun sich schließlich Herausforderungen auf, nicht nur beim Kraftsport, der seit dem 15. Lebensjahr sein wichtiges Hobby ist. Den Sommer verbrachten Schneikart und seine Partnerin damit, ein vom Großvater vererbtes und teilweise zugewachsenes Grundstück nutzbar zu machen. Das wochenlange Arbeiten mit der Kettensäge, so sagt er, habe den Kopf frei für neue wissenschaftliche Projekte gemacht.

Zur Person

Gerald Schneikart (35 Jahre) studierte Molekularbiologie an der Uni Wien und promovierte am Forschungszentrum eines Pharmakonzerns in Siena (Italien). Es folgten eine Management-Weiterbildung in New York und ein MBA-Studium. Heute ist er Projektleiter am Institute for Digital Transformation & Strategy (IDS) der FH Wien der WKW.

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