Randerscheinung

Zuhause ist, wo die Hängematte hängt

Florian Asamer
Florian Asamer Carolina Frank
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Auch das Kinderbett landet auf dem Recyclinghof. Zuletzt hat der Jüngste darin geschlafen, der Bub ist Zentimeter für Zentimeter rausgewachsen.

Die Hängematte ist kaputt. Sie löst sich in langen Baumwollstreifen auf. Sie wurde über fast zwanzig Jahre zerschaukelt, zerschlafen, zerlesen, zerkuschelt, zersonnt und zerregnet. Lässt sich und uns also hängen nach all den gemeinsamen Jahren. Die Hängematte, sie war einmal gelb mit zarten blauen Linien (inzwischen kaum noch zu erkennen, weil völlig ausgebleicht), ist bei uns ein Familien-Fixpunkt. Sie hängt draußen, wann immer es trocken ist (in den warmen Monaten durchgehend, sobald es auf den Winter zugeht, auch nur stundenweise). Nach dem Umzug war sie eines der ersten Dinge, die wieder installiert wurden. Zuhause ist, wo die Hängematte hängt. Oder so ähnlich.

Als ich zum Mistplatz fahre, der jetzt Recyclinghof heißt und seinem Namen alle Ehre macht (es gibt für jeden Schraubverschluss ein eigenes Gefäß, und ich habe einen gewissen Ehrgeiz darin entwickelt, alles so korrekt wie möglich zu trennen), habe ich nicht nur die Hängematte, sondern auch das alte Kinderbett im Kofferraum. Bestellt haben wir es für den Ältesten damals beim Kinder-Onlinekatalog, der zu fällig vor ein paar Wochen in Konkurs gegangen ist. Zuletzt hat der Jüngste darin geschlafen, der Lattenrost ist immer wieder eingebrochen, die Bettzeuglade hat geklemmt, und der Bub ist Zentimeter für Zentimeter rausgewachsen. Über den Sommer ist er ins vorderste Zimmer gezogen, in das mit dem breiten Bett und der meisten Privatsphäre. Ein Teil des Bettes muss zum Sperrmüll, der Rest zu „Altholz, behandelt“. Ich werfe den Kopfteil mit den Fußballpickerln (darunter ein Passfoto des Jüngsten, als wäre er auch ein Spieler) in die große Mulde. Zum Glück ist so viel Betrieb an diesem Samstagmorgen, dass ich nicht hinterherschauen kann, sondern gleich wieder wegfahren muss.

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("Die Presse Schaufenster" vom 30.9.23)

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