Südkaukasus

Nach dem erzwungenen Exodus der Armenier: Was Aserbaidschan in Berg-Karabach vorhat

Kein friedliches Bergpanorama: Ein aserbaidschanischer Soldat blickt von einer früheren armenischen Stellung auf die Stadt Stepanakert.
Kein friedliches Bergpanorama: Ein aserbaidschanischer Soldat blickt von einer früheren armenischen Stellung auf die Stadt Stepanakert.APA/AFP/Emmanuel Dunand
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Baku gibt der ethnischen Vertreibung einen freundlichen Anstrich. In der fast menschenleeren Provinz könnten Aserbaidschaner angesiedelt und Prestigeprojekte von Machthaber Ilham Alijew verwirklicht werden.

Baku/Stepanakert/Wien. Wie zum Beweis, dass in Berg-Karabach nun alles bestens sei, werden sie vor die Kamera gezerrt: mehrere ethnische Armenier, die offenbar in Stepanakert sind und ihr Ansuchen um aserbaidschanische Staatsbürgerschaft an einem Behördenschalter abgeben. „Zum Ziel der Ermöglichung einer gelungenen Integration der armenischen Bürger“ hätten Mitarbeiter der Migrationsbehörde und des Sozialministeriums ihre Arbeit in der Karabach-Hauptstadt aufgenommen, heißt es im Bericht eines aserbaidschanischen Mediums weiter. Aus anderer Quelle ist zu erfahren, dass aserbaidschanische Rettung und Polizei in Stepanakert ihren Dienst tun.

Nach dem erzwungenen Exodus von mehr als 100.000 Armeniern in der Vorwoche sowie der Selbstauflösung der Armenier-Führung sichert sich Aserbaidschan nicht nur die militärische, sondern auch die politische Kontrolle der Provinz. Begleitet wird dieser Prozess von geschönten Berichten, Propaganda und einer Kampagne der aserbaidschanischen Diplomatie.

Nichts mehr auf der Wäscheleine

Baku bezeichnet die Vorgänge als „Reintegration“ des abtrünnigen, bisher mehrheitlich von Armeniern bewohnten Gebiets, das vor mehr als 30 Jahren seine Unabhängigkeit von Aserbaidschan ausgerufen und sich dabei auf das Selbstbestimmungsrecht berufen hatte. Nach der Massenflucht der Armenier ist Berg-Karabach so gut wie entvölkert. Armenien, dessen Parlament am Dienstag für den Beitritt zum Internationalen Strafgerichtshof stimmte, spricht von „ethnischer Säuberung“. Die einst lebendige Hauptstadt Stepanakert, berühmt für ihre meterlangen, zwischen den Häusern aufgespannten Wäscheleinen, ist eine Geisterstadt, in der niemandes Wäsche mehr trocknet. Anstatt Menschen bevölkern Hunde die Straßen und suchen nach Essbarem. Zwischen 50 und 1000 Armenier sollen geblieben sein.

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