Kommentar

Die EU lässt sich von einem tunesischen Autokraten vorführen

Der niederländische Premier Rutte, EU-Kommissionspräsidentin Von der Leyen und Italiens Ministerpräsidentin Meloni Mitte Juli in Tunis bei Präsident Kais Saied (2.v.r.)
Der niederländische Premier Rutte, EU-Kommissionspräsidentin Von der Leyen und Italiens Ministerpräsidentin Meloni Mitte Juli in Tunis bei Präsident Kais Saied (2.v.r.) Imago / Imago
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Tunesiens Präsident Kais Saied will doch nicht Schleusenwärter für Europa sein, um irreguläre Migranten von der Fahrt übers Mittelmeer abzuhalten. Die angebotenen 127 Millionen Euro waren ihm zu wenig.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat große Ansprüche. Sie will Europa zu einem geopolitischen Akteur machen. Mitte Juli inszenierte sie gemeinsam mit Italiens Premierminister Giorgia Meloni und dem niederländischen Premier Mark Rutte einen Auftritt in Tunis, der zupackend und machtvoll wirken sollte. In einer Absichtserklärung versprach der autokratische Präsident, Kais Saied, Migranten davon abzuhalten, sich auf den Weg nach Europa zu machen. Im Gegenzug sagte ihm die europäische Delegation zu, die tunesischen Budgetlöcher mit bis zu einer Milliarde Euro zu stoppen. Am Deal kamen schnell Zweifel auf. Denn danach setzten aus Tunesien noch mehr Migranten nach Italien über als vorher.

Nun scheint das Abkommen komplett auseinanderzubrechen. Nach wochenlangen Verhandlungen lehnte Tunesiens Staatschef die Finanzhilfen im Umfang von 127 Millionen Euro ab, die ihm die EU als Schleusenwärter für Migrantion letztlich offeriert hatte. Die Summe war ihm offenbar zu gering und allzu weit vom Eröffnungsangebot aus Brüssel entfernt. Inzwischen hatte er unter anderem in Saudiarabien längst auch Geldgeber aufgetrieben, die anders als die Europäer nicht auf Kreditauflagen des Internationalen Währungsfonds beharrten. Der Präsident eines nordafrikanischen Landes, das zwölf Millionen Einwohner zählt, tanzt der EU auf der Nase herum, um den Preis hochzutreiben. Das ist ein peinliches Debakel für Von der Leyen & Co. So wird das nichts mit den geopolitischen Gestaltungsfantasien der EU.

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