Kinofilm

„Pulled Pork“: Zwei Austropopper zucken aus

An Selbstironie mangelt es ihnen nicht: Paul Pizzera und Otto Jaus in ihrem ersten gemeinsamen Kinofilm.
An Selbstironie mangelt es ihnen nicht: Paul Pizzera und Otto Jaus in ihrem ersten gemeinsamen Kinofilm. 2023 Constantin Film Österreich
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Auf gewählte Art derb klingen? Pizzera und Jaus können das: Das multibegabte Kabarett-Pop-Duo spielt in der Krimikomödie „Pulled Pork“ ein Bad-Boy-Brüderpaar. Ab Freitag im Kino.

Im Fach der mainstreamfähigen österreichischen Filmunterhaltung tut sich derzeit ein Regisseur besonders hervor: Andreas Schmied. Mit den beiden „Love Machine“-Callboy-Komödien gelangen ihm große Kinoerfolge, vor allem mit dem ersten Teil: Über 140.000 Menschen lockte er 2019 ins Kino, was für heimische Produktionen eine stolze Zahl ist. Mit den ORF-Stadtkomödien „Harri Pinter, Drecksau“ und „Curling für Eisenstadt“ begeisterte er ebenfalls, mit dem Skidrama „Klammer“ wechselte er kurz das Fach. Dabei ist er äußerst produktiv: Heuer kam schon seine Krimi-Romcom „Hals über Kopf“ (mit Miriam Fussenegger und Otto Jaus) ins Kino, eine weitere Stadtkomödie namens „Heribert“ wartet auf ihren Ausstrahlungstermin im ORF.

Für seinen aktuellsten Streich holte Schmied nun beide Köpfe des Kabarett-Pop-Duos Pizzera & Jaus vor die Kamera. Die Verbindung zwischen Austropop und dem heimischen Film ist ja traditionell stark. Den Weg von der Bühne auf die Leinwand fand etwa einst Rainhard Fendrich („Coconuts“). Derzeit lässt auch Voodoo Jürgens mehr als Schauspieler denn als Musiker von sich hören. Nun also auch Paul Pizzera und Otto Jaus: In „Pulled Pork“ schimpfen und wurschteln die beiden sich als rechtschaffene Bad Boys durch eine launige, in Graz angesiedelte Korruptions-Krimikomödie und beweisen sympathische Uneitelkeit.

Das Duo hatte vor allem am Anfang seiner Karriere einige Charterfolge („Jedermann“, „Eine ins Leben“), die nun auch im Film anklingen, wenn auch nicht ohne ironische Kommentare: „Dreh ab den Scheiß“, sagt der von Otto Jaus gespielte Eddi, als er zu seinem Ziehbruder Flo (Pizzera) in dessen kleine Schrottkarre steigt. Der dreht das Autoradio sofort ab: „FM4 is a net mehr, was es mal war.“ Tatsächlich sind Pizzera & Jaus freilich eher auf Ö3 als auf FM4 zu hören, aber mit dieser „Uncoolness“ scheinen sich die beiden Herren abgefunden zu haben.

„Schon amal von ana Detschn g’spiebn?“

Über viele knallig betitelte Kapitel, die Schmied sich wohl von Tarantino abgeschaut hat, wird, wild durch die Zeit springend, eine flotte Geschichte erzählt, über deren Details man nicht zu sehr nachgrübeln darf: Eddi und Flo sind im Waisenhaus aufgewachsen, gemeinsam mit Schwester Samira, die Staatsanwältin wurde und dann spurlos verschwand. Mit den Brüdern ging es bergab: Eddi ist auf Bewährung, Flo wurde nach einem Pinkel-Eklat als Polizist entlassen und macht jetzt „nebenberuflich Privatdetektiv, hauptberuflich Hangover“.

Am liebsten hätten sie nichts mehr miteinander zu tun, wäre da nicht noch das Rätsel um die Schwester. Am Tag der Grazer Bürgermeisterwahl verstricken sie sich in einen verzwickten kriminellen Konflikt mit dem Schweinezüchter Benny Jagschitz (Gregor Seberg als schmieriger Hedonist), der neben seinem Wahlkampf nicht nur Bunga-Bunga-Poolpartys betreibt, sondern auch windige Russen-Geschäfte. Es entsteht ein dichtes Schlamassel, in dem es viele Nebenrollen gibt, gespielt u. a. von Valerie Huber (eher blass als Polizistin und Ex-Gspusi von Flo) und Bauernschlagerstar Melissa Naschenweng (charismatisch als deren keckere Kollegin).

Den hintergründigen Schmäh, der die klassischen österreichischen Kabarettfilme auszeichnet, darf man sich hier nicht erwarten. Humortechnisch hangelt sich der Film durch oberflächliche Gags (irgendwas mit „Chats“ musste offenbar sein), die mit der Handlung selbst wenig zu tun haben, während Pizzera und Jaus ungehemmt auszucken. Das Derbe paart sich fröhlich mit proletarischer Bodenständigkeit, der Ton ist rau, aber auf eine gewählte Art: „Schon amal von ana Detschn g’spiebn?“

Schmied scheut sich nicht, stereotype Rollen einzusetzen, auch wenn er sie dann gern mit Eigenheiten ausschmückt. So gibt er dem Camgirl-Unternehmer, Typ Gangsterboss, viel Zeit, um genüsslich ein großes Stück Baklava zu verspeisen. Die abgenutzte Szene der hilflosen Frau, die von einem Handlanger davongetragen wird, während sie empört auf dessen Rücken eintrommelt, fehlt nicht – doch mit eigenem Schmäh: Der stumme Typ mit der Wrestlermaske, der hier für alles Grobe eingesetzt wird, ist furchtbar ungeschickt und löst so manche Gewalteskalation unabsichtlich aus. Und die „Miss Leibnitz 2012“ (Eva Prosek) erfüllt alle Klischees des quasselnden Blondchens, bellt dabei aber in so einem breiten Steirisch, dass sie wieder eine Klasse für sich ist: „Oida, i bin soou froouh, dass ihr mi gfunden habts, I woa voull bewusstlos!“

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