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Erste Group: Erster Rücktritt nach Bosek-Bestellung

Hikmet Ersek saß erst seit 2022 im Aufsichtsrat der Erste Group.
Hikmet Ersek saß erst seit 2022 im Aufsichtsrat der Erste Group.Die Presse/Caio Kauffmann
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Hikmet Ersek verlässt den Erste-Aufsichtsrat. Eine Reaktion auf die angekündigten personellen Veränderungen im Vorstand? Peter Bosek übernimmt im nächsten Jahr den Chefsessel der Erste Group.

Wien. Und schon rumort es bei der Erste Group. Die Ernennung eines neuen Chefs für die größte Bank Österreichs sorgte prompt für Reaktionen. Am Mittwochabend hatte der Aufsichtsrat bekannt gegeben, dass Peter Bosek den amtierenden Erste-Vorstandsvorsitzenden, Willibald Cernko, ablösen wird. Die Übergabe findet mit Juli 2024 statt.

Schon vor ein paar Jahren stand Bosek, der derzeit noch Chef der estnischen Luminor Bank ist, als Erste-Chef sowie als Branchenobmann der Wirtschaftskammer im Gespräch. Doch der Gegenwind war zu groß. Beides klappte nicht.

Ersek hatte andere Pläne

Nun sorgt eine Personalie im Aufsichtsrat für Aufsehen. Hikmet Ersek legt sein Mandat nach der Bosek-Bestellung nieder. Der Banker kam erst im vergangenen Jahr in den Aufsichtsrat, der von Friedrich Rödler angeführt wird. Damals hatte die Erste Group ihren Aufsichtsrat neu aufgestellt. Es kam neben Ersek mit Alois Flatz, Mariana Kühnel und Christine Catasta zu mehreren Neubesetzungen. Erseks Mandat wäre noch bis 2026 gelaufen. Daher überrascht sein plötzlicher Rückzug.

Der Aufsichtsrat ist insofern ein äußerst wichtiges Gremium, als dieser die Gesellschaft gegenüber dem Vorstand vertritt und gewissermaßen auch überwacht. Das Kontrollorgan ernennt Vorstände, beruft diese ab und kann sogar eine Bestellung aus einem wichtigen Grund widerrufen.

Daher war der Aufsichtsrat federführend bei der Suche nach einem neuen Vorstandsvorsitzen für die Erste Group. Es sei ein monatelanger, internationaler Auswahlprozess gewesen, sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen zur „Presse“. Beauftragt wurde das Headhunter-Büro Egon Zehnder. Es habe einen Kandidatenpool an mehreren Hochkarätern gegeben. Nach entsprechenden Anhörungen sei die Wahl auf den einstigen Erste-Manager Bosek gefallen.

»Als Peter Bosek zum neuen Chef ernannt wurde, hat der ganze Erste-Campus gejubelt. «

Ein Mitarbeiter der Bank

Ersek soll laut „Presse“-Informationen andere Vorstellungen gehabt haben und zeigte sich unzufrieden. In Gegensatz zu Rödler, der seit 2004 im Aufsichtsrat sitzt. Der Vorsitzende hatte den Prozess geleitet und sei von Boseks Qualitäten überzeugt. Dem Vernehmen nach vertrete Ersek eine Minderheitenmeinung. Die Stimmung sei äußerst positiv gewesen. „Als Peter Bosek zum neuen Chef ernannt wurde, hat der ganze Erste-Campus gejubelt“, sagte ein „Presse“-Informant.

Neubesetzung noch offen

Mit Ersek verlässt eine schillernde Persönlichkeit die Erste-Familie. Ersek war einst der einzige Österreicher an der Spitze eines Fortune-500-Unternehmens. Der Sohn einer Österreicherin und eines Türken war elf Jahre lang Vorstandschef des weltweit tätigen Zahlungsdienstleisters Western Union. Ende 2021 verabschiedete er sich nach insgesamt 21 Jahren aus dem US-Konzern und sicherte sich einen Beratervertrag mit seinem ehemaligen Arbeitgeber bis Mitte 2022. Der 61-Jährige war bis zuletzt mit knapp zehn Millionen Euro Jahresgage einer der bestverdienenden österreichischen Manager und brachte als Aufsichtsrat Expertise von Weltformat in die Erste Group ein. Vor allem im Bereich der Geldwäsche- und Betrugsbekämpfung dürfte Ersek in seiner Vergangenheit einiges erlebt haben.

Unklar bleibt derzeit, wer auf den einstigen US-Bank-Manager im Aufsichtsrat folgt. Weder Hikmet Ersek noch die Erste Group wollten dazu auf „Presse“-Nachfrage eine Stellungnahme abgeben.

Auch wie es für den 63-Jährigen weitergeht, bleibt derzeit offen. Einige der jüngsten Abgänge von der Erste Group fanden neue Jobs bei der Commerzbank. Das deutsche Finanzinstitut berief erst heuer im September den früheren Erste-Chef Bernhard Spalt zum Risikovorstand. Der Vorgänger von Willibald Cernko soll im Jänner 2024 die neue Position antreten, vorausgesetzt, die Aufsicht stimmt zu. Hier hatte es bei der vorigen Besetzung Probleme gegeben. Der ursprünglich für das Vorstandsamt vorgesehene Commerzbank-Manager Rüdiger Rass hatte sich nach Gesprächen mit der Bankenaufsicht im Einvernehmen mit Vorstand und Aufsichtsrat entschieden, nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Doch dass Spalt, langjähriger Bankmanager, Probleme mit der Bankenaufsicht haben wird, ist wohl zu bezweifeln. Auch die seit Jänner amtierende Commerzbank-Personalchefin Sabine Mlnarsky arbeitete zuvor bei der Erste Group.

Zur Person

Peter Bosek studierte Jus in Wien und war dort zwei Jahre Universitätsassistent. Seit 1996 begann seine Laufbahn bei der Erste Bank. Der 1968 Geborene hatte verschiedene Leitungsfunktionen inne. 2007 wurde er Vorstandsmitglied der Erste Bank, 2015 wurde er Privatkundenvorstand der Erste Group, im Juli 2019 wurde er Vorstandschef der Erste Bank Österreich. Ende 2020 verließ er den Konzern und übernahm die Führung der Luminor Bank im Baltikum. 

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