Bier

Ottakringer soll seinen Aktionären vor Börsenabschied ein besseres Angebot machen

1962 übernahm Christiane Wenckheims Vater Engelbert mit ihrem Onkel Gustav Harmer die 1837 gegründete Brauerei Ottakringer. 
1962 übernahm Christiane Wenckheims Vater Engelbert mit ihrem Onkel Gustav Harmer die 1837 gegründete Brauerei Ottakringer. Die Presse/ Clemens Fabry
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Anlegerschützer fordern besseres Delisting-Angebot für Aktionäre. Ein Beratergutachten bewertete die Aktien der Brauerei deutlich höher.

Das 16er-Blech gehört zur Wiener DNA wie Käsekrainer und Mozart. Das Unternehmen hinter dem gelben Dosenbier verabschiedet sich von der Börse und muss seine treuen Aktienbesitzer auszahlen. Es sind wenige – aber passionierte Eigentümer.

Damit sorgt der Börsenabschied der Ottakringer-Aktie für Furore am Markt. Zwar geht es hier nur um etwa drei Prozent, die im freien Markt verteilt sind, aber den Aktionären wurde Anfang August ein Angebot (für Stammaktien) stark unterhalb des Jahresdurchschnittspreises gemacht (minus 46 Prozent).

»Delisting-Angebot verstößt gegen das Reinheitsgebot«

Florian Beckermann

Vorsitzender der IVA

Gutachter sahen Aktienwert bei 136 Euro

„Delisting-Angebot verstößt gegen das Reinheitsgebot“ titelt der Interessenverband für Anleger (IVA). „Das Angebot wird als völlig intransparent und als zu niedrig wahrgenommen – offenbar wollen viele Kleinaktionäre die Wiener Kultaktie behalten, auch wenn diese nicht mehr an der Börse notiert“, sagt Florian Beckermann, Vorsitzender der IVA.

Das Angebot für Stammaktien habe einen Abschlag von über 53 Prozent zum beim Delisting gesetzlich relevanten gewichteten Fünftages-Durchschnittskurs, sagt der IVA. Die Ottakringer Getränke AG bieten je Stammaktie 85 und je Vorzugsaktie 70 Euro. Dazu komme noch die Dividende für heuer, nicht aber für 2022. Die Annahmefrist läuft bis inklusive 27. Oktober. Letzter Handelstag an der Wiener Börse wird der 29. Dezember 2023 sein.

Laut IVA habe ein Gutachten der Beratungsgesellschaft PwC im Auftrag der Ottakringer Getränke AG im Jahr 2018 einen Unternehmenswert ohne stille Reserven von über 136,22 Euro je Aktie festgestellt. Der damalige Rückkaufpreis für eigene Aktien lag bei 100,00 Euro. Das Verfahren sei laut Verband daher zu „unfair“. Die meisten Aktionäre erwarten ein baldiges Gesellschafterausschlussverfahren (Squeeze-out). Ein solcher Zwangsausschluss geht üblicherweise mit einer langwierigen und vor allem detaillierten Bewertungsdiskussion einher.

Alles bleibt im Familienbesitz

Anfang August hatte das Unternehmen, zu dem neben dem gleichnamigen Bier etwa auch Vöslauer-Mineralwasser und auch ein Getränkehandel gehören, den Rückzug von der Börse angekündigt. Die Rede war von einem „logischen Schritt“. Nur ein äußerst geringer Anteil der Aktien, die im Segment „standard market auction“ notieren, befinden sich im Streubesitz. Es finde kaum Handel statt, Kosten und regulatorischer Aufwand entstünden aber sehr wohl. Die Entscheidung habe keinerlei Einfluss auf Mehrheits- und Kontrollverhältnisse der Gruppe, so Holding-Managerin Christiane Wenckheim. Sie war 2015 ihrem Vater als Aufsichtsratsvorsitzende der Gesellschaft nachgefolgt.

Zum Unternehmen gehört neben der Brauerei auch Vöslauer. Sie ist hauptsächlich im Eigentum der Familien Wenckheim und Menz. 1962 übernahm Christiane Wenckheims Vater Engelbert mit ihrem Onkel Gustav Harmer die 1837 gegründete Brauerei.

Die Kult-Brauerei wurde 1837 von Müllermeister Heinrich Plank gegründet.
Die Kult-Brauerei wurde 1837 von Müllermeister Heinrich Plank gegründet.APA / Georg Hochmuth

Es ist nicht das erste Delisting in Österreich. In jüngster Vergangenheit fanden diese in den kleinen Börsensegmenten, dem sogenannten „direct market“ oder der „standard market auction“ statt. Oft sind es auch ausländische Aktien, die ihre Zweitnotierung aufgeben. So löschte die Wiener Börse allein im vergangenen Jahr zehn Notierungen. Darunter auch Startup 300: Der letzte Börsenpreis waren zwei Euro, zum Börsengang 2019 waren es noch zehn Euro.

Neben den freiwilligen Börsenabgängen gibt es aber auch erzwungene. Ein unfreiwilliges Delisting ist oft ein Zeichen dafür, dass ein Unternehmen kurz vor der Insolvenz steht. In diesem Fall besteht die Möglichkeit, dass die Anleger ihr Investment verlieren. So wurde zum Beispiel US Airways 2002 sowie erneut 2005 unfreiwillig von der Börse genommen – beide Male nach einem Insolvenzantrag.

Zuletzt sorgte René Benkos Signa Sports für Schlagzeilen. Das Sporthandelsunternehmen plant ebenfalls, von der Börse zu gehen – freiwillig.

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