Interview

Warum die Eskalation in Israel (noch) keinen Energiepreisschock auslöst

Israelische Soldaten am Donnerstag an jenem Ort in der Nähe des Kibbutz Beeri, wo am Wochenende bei einem Festival 270 Menschen von palästinensischen Angreifern getötet worden waren.
Israelische Soldaten am Donnerstag an jenem Ort in der Nähe des Kibbutz Beeri, wo am Wochenende bei einem Festival 270 Menschen von palästinensischen Angreifern getötet worden waren. APA / AFP / Aris Messinis
  • Drucken
  • Kommentieren

Der Nahe Osten ist als Energielieferant für Europa heute wichtiger denn je, sagt Jacopo Pepe von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik. Dass der Krieg zwischen Israel und Palästina noch keinen Ölpreisschock ausgelöst hat, liege auch an den neuen Machtverhältnissen in der Region. Weite sich der Konflikt aus, sei alles anders.

Der Überfall der Hamas auf Israel hat rasch Erinnerungen an den Jom-Kippur-Krieg und den folgenden Ölpreisschock der 1970er-Jahre geweckt. Diesmal blieb der große Preissprung aus. Ist der Nahe Osten nicht mehr so relevant für die Energieversorgung des Westens?

Jacopo Maria Pepe: Paradoxerweise ist die Bedeutung der Region aus Sicht Europas sogar noch größer geworden. Gerade nach dem Krieg in der Ukraine und der Entkoppelung Europas von russischem Öl und – zum größten Teil – auch Gaslieferungen. Viele Staaten in Europa suchen alternative Gaslieferanten in der Region. Die EU hat letztes Jahr  ein Memorandum of Understanding mit Ägypten und Israel über die zukünftige Lieferung von Flüssiggas geschlossen. Der Grund aber warum der große Preissprung – vorerst – ausblieb hat auch ein Stück mit neuen Realitäten auf dem Ölmarkt zu tun: die große Transformation hat auf der Nachfrageseite im Westen stattgefunden. Die USA – der damalige größte Abnehmer aus dem Nahen Osten – sind Netto-Öl- und Gasproduzenten geworden und können potenziell autark sein. Die starke Verbindung von früher zwischen dem Nahen Osten und dem US-Markt gibt es also nicht mehr.

Die Öl- und Gasexporte aus der Golfregion verlagern sich ohnedies zunehmend in Richtung Asien, oder?

Für Asien – insbesondere für China, Japan und Korea – bleibt hingegen die Region ein wichtiger, unverzichtbarer Faktor der eigenen Versorgung, obwohl beispielsweise China weiterhin verstärkt Gas und Öl aus Russland und Zentralasien bezieht und Indien so wie viele andere Entwicklungsländer in Südostasien auch russisches Erdöl kauft. Hier gibt es tatsächlich eigentlich einen zunehmenden Wettbewerb des Nahen Ostens mit Russland um den asiatischen Markt. Dadurch ist eine neue Marktdynamik im Eurasien-Indo Pazifik Raum, also im Dreieck Russland-Mittlerer Osten–Asien entstanden.

Haben die Opec-Staaten also doch an Relevanz eingebüßt?

Die Opec-Staaten haben tatsächlich Marktanteile verloren, weil erst Russland und die postsowjetischen Länder und dann neulich die USA nun mitspielen. Aber sie kontrollieren immer noch knapp 40% des Marktes. Die Opec+ mit Russland kommt sogar auf knapp 55 Prozent.

Warum also die schwache Reaktion der globalen Energiemärkte auf den drohenden Konflikt im Zentrum der fossilen Energieproduktion?

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.