Staatsfinanzen

Pensionen: Eine Lücke, die man lieber totschweigt

Wir werden immer älter, gehen aber nicht später in Pension.
Wir werden immer älter, gehen aber nicht später in Pension. Bloomberg / Michele Limina
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Die Österreicher gehen zu früh in Pension. Der geschlechtsspezifische Altersabstand von fünf Jahren ist ebenfalls eine Ausnahme innerhalb der OECD-Staaten.

Der Ökonom Holger Bonin war am Sonntag recht deutlich: Das Pensionsantrittsalter ist zu niedrig, das Pensionssystem zu „generös“ und die Diskussion über eine Reform trotz allem nicht vorhanden. Der Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS) ist daher der Ansicht, dass das Antrittsalter in Österreich „perspektivisch“ auf 67 Jahre erhöht werden soll.

Mit seiner Meinung ist der IHS-Chef nicht alleine. Auch der Rechnungshof kritisierte in einem am Freitag veröffentlichten Bericht, dass es an einer Strategie zum künftigen Umgang mit dem Pensionsantrittsalter fehle, zumal die Lebenserwartung steigt. Das Regel-Pensionsalter liegt für Männer in Österreich bei 65 Jahren und für Frauen bei 60 Jahren.

Ab dem kommenden Jahr wird das gesetzliche Pensionsantrittsalter für Frauen auch erhöht. Und zwar um jeweils sechs Monate pro Jahr bis zum Jahr 2033. Dann werden auch Frauen bis zum 65. Lebensjahr arbeiten dürfen, wie es das Sozialministerium schreibt. Von der Umstellung betroffen sind alle Frauen, die nach dem 2. Dezember 1963 geboren sind.

Das Problem des Pensionssystems ist, dass zwischen dem gesetzlichen Antrittsalter und dem tatsächlichen eine Lücke klafft. Das faktische Pensionsantrittsalter liegt in Österreich für Männer nämlich bei 61,8 Jahren, Frauen gehen mit 59,8 Jahren in Pension. Die Altersschwelle liegt damit deutlich unter dem, was sich der Gesetzgeber vorgestellt hat, selbst wenn sich das effektive Pensionsantrittsalter zwischen den Jahren 2004 bis 2021 um durchschnittlich 2,8 Jahre erhöht hat.

Pensionen kosten Milliarden

Weil die Lebenserwartung aber steigt, muss der Staat immer mehr Geld zum Pensionssystem zuschießen. In diesem Jahr werden von der öffentlichen Hand zusätzlich 11,6 Milliarden Euro kommen müssen, im kommenden Jahr werden es schon 14,1 Mrd. Euro sein, warnte der Chef der Pensionsversicherungsanstalt, Winfried Pinggera, kürzlich. Auch er forderte „Bewegung“ beim gesetzlichen Pensionsalter. Denn auch die Inflationsanpassungen, wie sie erst kürzlich beschlossen wurden, kosten Geld. Die sogenannte Schutzklausel, die einen drohenden Wertverlust für den kommenden Pensionsjahrgang verhindern soll, wird allein für diese Betroffenengruppe auf Lebenszeit gerechnet drei Milliarden Euro kosten.

Doch wie sieht das in den anderen Staaten aus? Gehen alle so früh in Pension wie die Österreicher?

Österreich nur im Mittelfeld

Im Jahr 2020 lag das normale Pensionsalter aller OECD-Staaten im Schnitt bei 64,2 Jahren für Männer und 63,4 Jahren für Frauen. Doch variiert das Rentenalter stark. In der Türkei liegt das Antrittsalter für Frauen bei 49 Jahren, bei Männern sind es 52. In Island, Norwegen und Israel gehen Männer erst mit 67 in Pension.

In Italien beispielsweise liegt das gesetzliche Rentenalter bei 64 Jahren und 10 Monaten, so die OECD. Erreicht man mit Arbeitskarriere und Rentenalter aber die Schwelle von 100 Jahren, so lag der Schnitt, zu dem man sich 2020 in den Ruhestand verabschieden konnte, bei 62. (Das wurde 2021 allerdings aufgehoben).

Die OECD erwähnte in ihrem Bericht „Pensions at a Glance“ aus dem Jahr 2021 auch explizit Österreich. Allerdings nicht sonderlich positiv: Österreich zählt demnach zu einer Handvoll Staaten, bei denen der geschlechtsspezifische Unterschied des gesetzlichen Antrittsalters fünf Jahre beträgt. Es gibt auch noch andere Länder, in denen Frauen deutlich früher in Pension gehen als Männer: Kolumbien, Israel und Polen.

Die OECD definiert das „normale Rentenalter“ als jene Schwelle, ab der man nach einer Arbeitskarriere ohne Abschläge in Pension gehen kann.

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