Pizzicato

Der Lieblingspiefke

Für die aserbaidschanischen Einreisebeamte ist Ralf Rangnick Österreicher, für die heimischen Fußballfans ist er „Herzens-Österreicher“. Was, wenn der Schwabe bei der EM gegen Deutschland gewinnt?

Dass die Deutschen – vulgo die „Piefkes“ – in ihrer Liebe zu Österreich und Wien nicht immer und überall auf Gegenliebe stoßen, hat gerade eine Münchner Zeitung aufgezeichnet. Claus Peymann könnte eine Serie über die Hassliebe inszenieren. Wir wollen dieser mitunter einseitigen Beziehung nicht weiter tiefenpsychologisch auf den Grund gehen, außer das Beispiel anführen, dass heimische Fußballfans bei Länderspielen just jedem Gegner Deutschlands die Daumen drücken – und sei es Sierra Leone.

Wenn die Österreicher einen Deutschen ins Herz schließen, dann mit heißem Herzen – wie den neuen „Lieblingspiefke“. Ein Schwabe aus Backnang, ein Fußballlehrer, den ein ORF-Reporter bei seiner Präsentation unbeirrt – und das gleich drei Mal – als „Herr Ragnick“ angeredet hat. Der Wahlsalzburger nahm es sportlich und bekundete seither seine Affinität zu Austropop und rot-weiß-roten Spezifika. Als unsere Nachbarn sich neulich auf die Suche nach einem Teamchef machten, war Rangnick in der engeren Wahl – aber nicht mehr zu haben.

In Aserbaidschan verwehrten ihm die Beamten wegen eines österreichischen Visums gar die Einreise. Nach dem Match stieg er erst recht zum stürmisch gefeierten Herzensösterreicher auf. Was erst, wenn er bei der EM in Deutschland – ein zweites Córdoba in München oder Berlin – seine Landsleute schlägt?

E-Mails an: thomas.vieregge@diepresse.com

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