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Die Straßenhunde von Tiflis

Vorsicht auf Reisen bei der Begegnung mit wilden Hunden (hier in Spanien), vor allem in der ­Dunkelheit. 
Vorsicht auf Reisen bei der Begegnung mit wilden Hunden (hier in Spanien), vor allem in der ­Dunkelheit. Unsplash/Judit Imre
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Anlässlich der Debatte über Listenhunde – meine private Geschichte mit Reisen und Hunden.

In Tiflis leben Straßenhunde. Mit einem Chip am Ohr stehen sie gleichsam unter Kontrolle der Stadtverwaltung. Trotzdem lauerte einer von ihnen vor meinem Hotel. Betrat ich die Straße, ging er auf mich los. Einmal machte er ernst und biss mich in die Ferse. Genauer gesagt, er verbiss sich an ­meinem Schuh. Es tat nicht weh, danke, Firma Deichmann. Letztlich schaffte ich, die Bestie abzuschütteln.

Mein Verhältnis zu Hunden war schwierig, seit ich als Zehnjähriger von einem Schäferhund gebissen worden war. Den schläferten sie erst ein, als er Jahre ­später eine Frau halbtot biss. Als Erwachsener empfand ich Straßenhunde in Ländern wie Indien als ­Bedrohung – untertags liegen sie lieb bis desinteressiert herum, bei Dunkeheit bilden sie ­bellende Rudel, denen man an ­ausgestorbenen Orten nicht wirklich begegnen will. Nicht nur nicht beim ­Joggen. Überhaupt nicht.

Um spitalsarme, spitalsferne Gegenden zu bereisen, wollte ich bezüglich Tollwut auf Nummer sicher gehen – ich ließ mir die überlebenswichtigen vier Rabies-Immunisierungen geben. Leider war ich, der alle Impfungen bis zu Corona hinauf wunderbar verträgt, gerade bei diesem Stoff ein „High Responder“. Ich fieberte nach jedem Stich auf 40 Grad, inklusive Halluzinationen. Seit zwei Jahrzehnten verzichte ich, als furchtloser Polygeimpfter, auf Auffrischung.

Später klang meine Hundephobie ab. Ich hatte sogar gelegentlich Freundinnen mit Hunden, die ich (absichtliche Doppeldeutigkeit) total mochte. Nein, keine Listenhunde. Es gibt einen Hauptgrund, wieso Menschen sich Kampfhunde ­zulegen: damit sich diese Schwachen stärker fühlen, geiles Tyrannengefühl. Dass wir solche Tiere ebenso wenig wie Privatwaffen brauchen, muss nicht extra betont werden. Kaum reißt ein Wolf irgendwo ein paar Schafe, hagelt es Tötungsforderungen. Tötet jedoch der beste Freund des Menschen einen anderen Menschen und wird eingeschläfert, wendet sich das Volksmitleid in sozialen Medien paradoxerweise oft dem Tier zu. Das Problem liegt nicht allein „an der anderen Seite der Leine“, potenziell aggressive Rassen sollten gar nicht gezüchtet werden. 

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