Kindergarten

Kindergärten: „Vieles liegt im Argen“

Wien stellt einen Stufenplan für mehr Qualität vor (Archivbild).
Wien stellt einen Stufenplan für mehr Qualität vor (Archivbild).THOMAS SAMSON
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Kurz bevor das Kindergartenpersonal streikt, stellt Wien einen Stufenplan für mehr Qualität vor. Was in den Wiener Kindergärten schiefläuft – und was es braucht.

Die Kindergärten stehen zurzeit wieder im Fokus: In wenigen Tagen gehen die Elementarpädagoginnen und -pädagogen in ganz Wien aus Protest auf die Straße. Und nun stellt der Wiener Bildungsstadtrat, Christoph Wiederkehr, einen Stufenplan für mehr Qualität in den Kindergärten vor. „Die Presse“ hat mit Viktoria Miffek, Obfrau der Plattform EduCare, darüber gesprochen, was in den Kindergärten schiefläuft – und was es braucht, damit jedes Kind im Kindergarten bestmöglich begleitet werden kann.

Die Presse: Wie läuft es in den Kindergärten in Wien?

Viktoria Miffek: Die Situation hat sich sehr verschärft. Der Personalmangel ist inzwischen in allen Bundesländern angekommen. In Wien hat man hier nochmals mit anderen Dimensionen zu kämpfen. Dazu kommen mehr Kinder mit Migrationshintergrund, steigender sonderpädagogischer Förderbedarf. Es gibt bis zu 1000 Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Wien, die keinen oder keinen adäquaten Kindergartenplatz haben: 850 Kinder stehen auf Wartelisten, die Dunkelziffer ist wohl viel höher.

Sind die Kindergärten in Wien überfordert?

Es ist schwierig, das pauschal zu beantworten. Aber sehr viele Aspekte liegen im Argen. Die Mitarbeiter tun sich schwer, den Ansprüchen gerecht zu werden. Es gibt auch positive Entwicklungen: ganz tolle Beziehungsarbeit, immer mehr Elementarpädagoginnen, die eine hochschulische Ausbildung haben. Aber auf der anderen Seite werden die Ressourcen immer knapper. In den vergangenen zehn Jahren ist in Wien auch die Schere zwischen den öffentlichen und den privaten Kindergärten aufgegangen, weil die Förderbeträge nicht entsprechend angepasst wurden.

Also ist mehr Geld nötig – aber genügt das schon?

Eine zentrale Frage ist: Wie bringe ich Menschen in den Beruf – und wie halte ich sie in dem Beruf? Eine Studie der Uni Klagenfurt zeigt, dass die Elementarpädagoginnen ihren Beruf als physisch und psychisch sehr anstrengend erleben, dass sie das Gefühl haben, den Bedürfnissen der Kinder nicht gerecht zu werden. Und man muss sich vorstellen: Elementarpädagoginnen haben meist nicht einmal einen Arbeitsplatz: Die sitzen den ganzen Tag auf den kleinen Kinderstühlchen. Mehr als das ist es aber die Tatsache, dass die mittelbare pädagogische Zeit fehlt: Meist haben Pädagoginnen und Pädagogen 36 Kinderdienststunden und nur vier Stunden für Vor- und Nachbereitung oder Elterngespräche – wenn Kolleginnen krank sind, noch weniger.

Was braucht es, damit die Kindergärten in Wien besser arbeiten können?

Es braucht zumindest eine Perspektive: Man muss stückweise den Betreuungsschlüssel und die Gruppengröße verbessern. Unsere Vision, die auch dem Stand der Forschung entspricht: bei Drei- bis Sechsjährigen maximal 15 Kinder pro Gruppe – und zwei ausgebildete Fachkräfte. Derzeit sind es oft 25 Kinder, eine Pädagogin und eine Assistentin, die keine pädagogische Ausbildung haben muss. Davon auf 15 Kinder und zwei Pädagoginnen zu kommen, wird nicht von heute auf morgen gehen. Aber nach und nach. Dafür braucht es einen konkreten Plan.

Ein besseres Betreuungsverhältnis, Ausbildung: Seit Jahren wird hier eigentlich über dasselbe diskutiert, dasselbe gefordert. Warum?

Eine Grundursache ist sicher die Länderkompetenz für den Kindergarten und dieser Zwiespalt zwischen Bund und Ländern. Jeder braut sich sein Süppchen. Wien versucht jetzt, Schritte in die richtige Richtung zu setzen, das ist positiv. Auch in Kärnten und in Tirol sehen wir Anstrengungen. Aber das Gesamtkonzept für ganz Österreich fehlt. Hoffnungen setze ich in ein aktuelles Projekt des Bildungsministeriums: Hier geht es um die Verbesserung der Rahmenbedingungen für das Personal in der Elementarpädagogik. Die Länder sind hier auch mit dabei. Die Bereitschaft, gemeinsam an einen Tisch zu kommen und für die Sache etwas voranzubringen, finde ich sehr wichtig und positiv. Ich hoffe, dass dieser Schwung mitgenommen wird.

Zur Person

Viktoria Miffek ist Obfrau der Plattform EduCare. Diese besteht aus Vertreterinnen und Vertretern aus dem Bereich der Elementarbildung. Das Ziel: Jedes Kind soll im Kindergarten bestmögliche Anregung und Begleitung seiner Entwicklungs- und Bildungsprozesse erfahren. www.edu-care.at

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