Parlament

Verbrecher verlieren ihre Ehrenzeichen

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP)
Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP)APA/GEORG HOCHMUTH
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Im Nationalrat wurde am Donnerstag die Reform der Ehrenzeichen beschlossen – sodass nun etwa einem Mitverfasser der NS-Rassengesetze posthum ein hoher Orden der Republik aberkannt werden kann.

Der Nationalrat hat am Donnerstag mit großer Mehrheit eine Reform der Ehrenzeichengesetze, die unter anderem die Aberkennung von Ehrenzeichen ermöglicht, beschlossen. Anlassfall war der Mitverfasser der nationalsozialistischen Rassengesetze Hans Globke, der 1956 den zweithöchsten Orden der Republik erhielt. Ihm kann nun posthum das Ehrenzeichen entzogen werden. Dass es überhaupt zu dieser Gesetzesänderung kam, liegt laut den Reden mehrerer Nationalratsabgeordneter an dem Journalisten Christian Weniger, ehemals Mitglied der Chefredaktion der „Kleinen Zeitung“ in Graz. „Die Idee kam von Professor Weniger“, er habe die Politik erst auf den Fall Globke und die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung „aufmerksam gemacht“.

ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS übten scharfe Kritik an der FPÖ: Es sei „beschämend“, dass kein einstimmiger Beschluss möglich sei, kritisierte der ÖVP-Abgeordneter Wolfgang Gerstl und Verfassungsminister Karoline Edtstadler (ÖVP) in ihren Reden. Die Aberkennung von Ehrenzeichen sei nicht der richtige Weg, begründete die FPÖ-Abgeordnete Susanne Fürst die Ablehnung ihrer Partei. „Wir stellen uns grundsätzlich gegen die Demontage der eigenen Geschichte“, so Fürst.

Dass dies mit der Reform passiere, wiesen die Redner aller anderen Parteien zurück. Verurteilten Verbrechern und Nationalsozialisten Ehrenzeichen abzuerkennen sei keine Demontage, sondern die Übernahme der Verantwortung für die Geschichte, erklärte die SPÖ-Abgeordnete Muna Duzdar. Die Grünen-Mandatarin Eva Blimlinger stimmte die Ablehnung der FPÖ „bedenklich“, weil hier der moralische Kompass überhaupt nicht mehr funktioniere. Ein Ehrenzeichen sei keine Momentaufnahme, sondern bedeute auch Verantwortung zu tragen, so Edtstadler: „Wer ein Ehrenzeichen trägt, ist ein Aushängeschild für unsere Nation und sollte Vorbild sein.“ Ein Mensch, der an den Nürnberger Rassengesetzen beteiligt gewesen sei, sollte keine Möglichkeit haben ein Ehrenzeichen der Republik Österreich zu tragen, sagte Nikolaus Scherak von den NEOS, die den Gesetzesantrag eingebracht hatten, mit Blick auf Globke.

Unterschiedliche Ansichten gab es darüber, ob man zum Zeitpunkt der Verleihung des Ehrenzeichens an den 1973 verstorbenen Globke bereits von dessen Rolle in der NS-Zeit wusste. 1956, als dem damaligen Mitarbeiter des deutschen Bundeskanzlers Konrad Adenauer das „Große Goldene Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich“ verliehen wurde, habe noch niemand gewusst, dass er ein Mittäter der NS-Diktatur war, erklärte Gerstl. Dem widersprachen SPÖ und Grüne. Es sei längst an der Zeit die skandalöse Ehrenzeichenvergabe aufzuarbeiten, forderte Duzdar.

In Kraft treten soll das neue Bundes-Ehrenzeichengesetz am 1. Jänner 2024, wobei die Möglichkeit zur Aberkennung von Ehrenzeichen auch für davor verliehene Auszeichnungen gelten soll. Grund für die Aberkennung können gerichtliche Verurteilungen wegen vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen gegen Leib und Leben oder die sexuelle Integrität, vorsätzlich begangene Straftaten gegen verfassungsmäßige Einrichtungen Österreichs oder Verstöße gegen das Verbotsgesetz sein. Zudem ist auch eine in der Vergangenheit eingenommene führende Rolle in einer nationalsozialistischen Organisation ein Aberkennungsgrund.

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