Frühe Elektronik hielt lang. Heute ist Elektroschrott ein großes Umweltproblem.
Klima im Wandel

Jugend forscht: Spielerisch die Welt verbessern

Nicht nur zur Demo gehen, sondern etwas für die Forschung leisten. Das können Jugendliche im Programm „Sparkling Science“. Die Wissenschaft profitiert von jungen Leuten durch größere Datenmengen und durch kreative Ideen, wie man das Klima schützt.

Ein Tricotronic oder ein Gameboy in den 1980er-Jahren haben „ewig“ gehalten. Wer sie jetzt im Keller findet, kann gleich weiterspielen – mit neuer Batterie. Heutige Produkte haben kürzere Lebenszyklen, wie jede Familie weiß, die Controller von Videospielen fast jährlich neu kaufen muss. Das gleiche gilt für Smartphones, die nach drei, vier Jahren den Geist aufgeben.

Elektroschrott ist ein großes Problem für unsere Umwelt. „Eine internationale Studie hat berechnet, dass vier Prozent der CO2-Emissionen weltweit von der Elektronikindustrie verursacht werden“, sagt Wilfried Lepuschitz vom Start-up Bee Produced. Das vor zwei Jahren gegründete Unternehmen entwickelt Software für Elektronikproduzenten mit Fokus auf Nachhaltigkeit. Ein Teil des Gründungsteams stammt vom Acin (Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik) der TU Wien. „Wir haben schon dort Erfahrung mit Schulen und Jugendlichen gesammelt“, erzählt Lepuschitz, der mit dem Thema Elektroschrott und Nachhaltigkeit jetzt Schülerinnen und Schüler erreicht.

Helden beim Recycling

Das aktuelle „Sparkling Science“-Projekt, finanziert vom Wissenschaftsministerium, heißt „Recycling Heroes“ und stärkt die Kreislaufwirtschaft und das Bewusstsein dafür. Wer Elektrik- und Elektronikgeräte recycelt, schützt nicht nur die Umwelt (Müllvermeidung), sondern erhält wertvolle Materialien aus Altgeräten. Solche Metalle werden oft unter fragwürdigen Bedingungen aus der Erde geholt. Je mehr man durch Recycling vor der Müllhalde rettet, desto weniger ist man von globalen Lieferketten abhängig.

„Über das Thema Elektronik erreicht man die Jugendlichen gut“, sagt Georg Jäggle vom Acin an der TU Wien. Fast jeder nutzt Handys, Videospiele und Fernseher. „Wir bauen auf den praktischen Zugang“, so Jäggle. „Da kommen die jungen Leute schnell mit eigenen Ideen, was man besser machen kann.“ So entdeckten Schülerinnen und Schüler in der Berufsschule Evita (Mollardgasse, 1060 Wien) ohne Input der Forschenden alte Monitore, die niemand mehr verwendete. „Schulenübergreifend mit der Berufsschule MFE Apollogasse werden diese alten Bildschirme jetzt zu einem riesigen Infoscreen zusammengeschaltet: Das ist eine nachhaltige Videowall“, lobt Jäggle das Engagement der Jugendlichen.

Am TGM in Wien Brigittenau schafften Schüler in diesem Projekt eine neue Web-App, um Elektroschrott vor der Mülltonne zu retten. Unter dem Titel „Collect E-Waste“ entstand der Prototyp für eine Onlineplattform, die das Abholen von ausrangierter Elektronik erleichtert. „Es gibt viele Recyclingfirmen, die Altgeräte verwerten“, sagt Projektleiter Lepuschitz. Die neu entwickelte Plattform macht das Auffinden leichter, weil jeder eingeben kann, was noch im Keller oder Dachboden liegt – vom Röhrenfernseher bis zum Haartrockner.

Ebenfalls auf der „Recycling Heroes“-Website zu finden ist eine Umfrage weiterer TGM-Schüler: Ursprünglich als Fragebogen für Familie und Freunde konzipiert, war die Elektroschrottstudie bald öffentlich abrufbar. Welche Geräte liegen bei euch zu Hause herum? Wo entsorgt ihr Elektronik? „Unseres Wissens gibt es keine vergleichbare Studie in Österreich, die diese Daten erhebt“, sagt Jäggle. Je stärker die Jugendlichen aktiv als Forschende tätig sind, umso motivierter arbeiten sie – und umso mehr Erkenntnisse für die Wissenschaft kommen herein. „Für manche ergibt sich aus ,Sparkling Science‘ eine Diplomarbeit zum Abschluss an der HTL“, sagt Lepuschitz.

Vom Schmetterling zum Gründach

Auch an der Uni Innsbruck freut man sich über junge Leute, die Wissenschaft ernst nehmen. Durch „Sparkling Science“-Projekte erreicht man nicht nur jene, die sich ohnehin bei Fridays for Future und Klimademos engagieren, sondern die ganze Bandbreite der Jugend. „Vielen wird erst durch unsere Workshops und das Mitforschen bewusst, wie wichtig die Natur für uns ist“, erzählt Johannes Rüdisser vom Institut für Ökologie der Uni Innsbruck. Er ist einer der Leiter im Projekt Lebensraum Gründach, das den ökologischen Sinn von begrünten Dächern untersucht (https://vielfaltdach.at).

Die Idee basiert auf einem „Sparkling Science“-Projekt von vor zehn Jahren, mit dem ein Monitoring für Schmetterlinge quer durch Österreich installiert wurde (https://viel-falter.at). Jetzt hilft diese Fangmethode mit zeltförmigen „Malaise-Fallen“, um die Insektenvielfalt auf Gründächern zu bestimmen. Durch das DNA-Metabarcoding funktioniert die Artenbestimmung ohne lange Mikroskop-Arbeit, sondern am Computer mit Datenbanken, die genetische Marker zahlreicher Tierarten hinterlegt haben.

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