Kolumne Unterwegs

Von den Plagen in den rollenden Telefonzellen der ÖBB

Schon beim Einsteigen fragst du dich, ob das diesmal gut geht..
Schon beim Einsteigen fragst du dich, ob das diesmal gut geht..Greber
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Wenn du plappernde Handypathen im Waggon hast, kann das eine rechte Folterkammer auf Schienen werden. Speziell in der Ersten Klasse, wo man doch für ein bisserl Luxus draufzahlt, oder? Ich hätte da allerdings einen konstruktiven Vorschlag für die ÖBB.

Kürzlich also wieder einmal Wien—Bregenz und retour. So schön, wenn der Railjet losrollt, es waren jeweils wunderbare Herbsttage, die Blätter bunt, die Sonne sticht mattmilde durchs Fenster, du hockst in der Ersten Klasse, packst Laptop und Zeitung aus, holst ein Sandwich aus dem Rucksack, orderst Espresso, beginnst zu lesen. Und natürlich fängt der Typ in der Sitzreihe neben dir jetzt lautstark an zu plaudern, per Handy, mit irgendjemandem.

Diesmal war‘s offenbar ein Immobilienfuzzi, mit Tiroler Akzent. Es ging um Gastlokale und andere Dinge, jedenfalls hörte das die viereinhalb Stunden, bis er in Innsbruck ausstieg, nur selten auf, hauptsächlich im deutschen Eck. Blöderweise hatte der Typ mit den langen, fettigen Haaren auch noch so einen tönenden Bassbariton.

Auf der Rückfahrt wiederum erfuhr man allerhand Dinge aus dem Leben von Tante Monika, wie der Nachbar von X seinen Garten verwildern lässt, und überhaupt war da die Sache mit dem Parkschaden und der Versicherung und so. Immerhin wurde klar, dass jemand am Wochenende bei Oma essen wird.

Implodiertes Sozialgefühl

Es ist jedenfalls immer dasselbe: Wildgewordene Handypathen mit verkümmertem Anstand und implodiertem Sozialgefühl machen den Großraumwaggon zur fahrenden Telefonzelle. Nichts gegen kurze Gespräche aus Notwendigkeit oder sogar eine leise Plauderei, aber wenn das eine kräftig tönende Kette von Blabla wird und du etwa, wie’s mir einmal passierte, stundenlang Ränke und Interna aus einem Bundesministerium erfährst, laufen dir die Augen echt kohlschwarz oder feurig an wie beim Krampus, Klushund oder den Fenggen aus dem Finsterwald.

Wobei der Gipfel der Handy-Mithör-Schikane im Zug gottseidank dann doch selten vorkommt, bisweilen aber eben doch: Wenn nämlich die Freisprechfunktion aktiv ist und man die kratzig-krachende Stimme des unsichtbaren Gesprächspartners bzw. der -Partnerin (hier müssen wir tatsächlich gendern, die angesprochenen Ignorantinnen verstehen das sonst nicht) reden hört. Jedenfalls: Für Telefonterror zahlst du in der Ersten Klasse also Aufschlag?

Okay, es gibt ja auch ausgeschilderte Ruhezonen im Zug mit praktisch Handyverbot. Aber jene in der 1. Klasse ist absolut witzlos klein, da hat manch einer ein größeres Badezimmer daheim, und meistens ist es dort schon voll. Ein konstruktiver Vorschlag daher an die ÖBB: Dreht das doch um! Macht den ganzen Zug zur Ruhezone und eigene Waggons für Handyplapperanten. Wetten, dass euch das viiiele Kunden danken werden?

Mails an: wolfgang.greber@diepresse.com

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