Sozialausgaben

20 Prozent der Österreicher sind Nettozahler

Österreich ist einer der am stärksten ausgebauten Sozialstaaten der Welt.
Österreich ist einer der am stärksten ausgebauten Sozialstaaten der Welt.Die Presse/Clemens Fabry
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Von der sozialstaatlichen Umverteilung profitieren in Österreich weite Teile der Bevölkerung. Nur die obersten 20 Prozent der Menschen mit den höchsten Einkommen zahlen im Durchschnitt netto mehr ins System ein, als sie herausbekommen. Die Umverteilung reduziert die Einkommensungleichheit sowie die Armutsgefährdung, schreiben Ökonomen des Wifo in einer aktuellen Studie.

Österreich ist einer der am stärksten ausgebauten Sozialstaaten der Welt: Mehr als 130 Milliarden Euro fließen hierzulande jedes Jahr in den sozialen Ausgleich. Voriges Jahr entfielen 30,5 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung auf Sozialausgaben. Und wie in Sozialstaaten üblich, wird viel umverteilt – mit Erfolg: „Die Umverteilung über Steuern, Sozialbeiträge und öffentliche Geld- und Sachleistungen führt in Österreich zu einer deutlich gleichmäßigeren Verteilung der Ressourcen auf die Bevölkerung“, sagte Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr am Montag anlässlich der Präsentation einer großen Umverteilungsstudie des Instituts. Darin untersuchten die Ökonomen die Einkommensverteilung in Österreich und in welchem Ausmaß Menschen verschiedener Einkommensgruppen von öffentlichen Transferleistungen profitieren.

Umverteilung bedeutet, dass Ressourcen von finanziell bessergestellten zu weniger begüterten umgeschichtet werden. Das unterste Fünftel der Bevölkerung verfügte in Österreich zuletzt über fünf Prozent der Markteinkommen (also das, was durch Erwerbsarbeit und Vermögen verdient wird, zuzüglich Mietwert des selbst genutzten Eigentums). Rechnet man sozialstaatliche Leistungen wie Bildungs- und Gesundheitsausgaben, Arbeitslosengeld, diverse Zuschüsse, etc. hinzu, kommt das unterste Fünftel der Bevölkerung auf 13 Prozent der Einkommen (Sekundäreinkommen). Das obere Fünftel verfügt über 44 Prozent der Markteinkommen, aber nach Abzug von Steuern und zuzüglich wohlfahrtsstaatlicher Sachleistungen nur über 31 Prozent der Sekundäreinkommen.

Umverteilung reduziert Armutsgefährdung

In absoluten Zahlen liegt das Markteinkommen pro Kopf im untersten Dezil der Bevölkerung bei rund 430 Euro monatlich. Nach Berücksichtigung der Umverteilung durch öffentliche Leistungen und Abgaben steigt das Einkommen auf 1830 Euro, „wobei die in Anspruch genommenen wohlfahrtsstaatlichen Sachleistungen 960 Euro ausmachen“, heißt es in der Studie. Für die obersten zehn Prozent der Bevölkerung liegt das Markeinkommen bei 7640 Euro pro Monat. Nach staatlicher Umverteilung sinkt es auf 5790 Euro (Sekundäreinkommen). „Die dazwischen liegende Bevölkerung erfährt im Vergleich weitaus geringere umverteilungsbedingte relative Einkommenszuwächse bzw. -verluste.“

Durch die Umverteilung reduziert sich sowohl die Einkommensungleichheit als auch die Armutsgefährdung, folgern die Studienautoren. Und von der Umverteilung profitieren bei weitem nicht nur die am wenigsten begüterten Menschen in Österreich, sondern „große Teile der Bevölkerung“, schreiben die Wifo-Ökonomen. Lässt man die Bruttopensionen außen vor, finanzierte „die obere Hälfte der Einkommensverteilung die Umverteilung, von der die untere Hälfte profitierte“, schreiben die Autoren. Rechnet man die Pensionen mit ein, erhalten die meisten Einkommensgruppen mehr an sozialstaatlichen Leistungen, als sie abgeben. „Nur die oberen 20 Prozent waren im Durchschnitt Nettozahler, insbesondere die obersten zehn Prozent“, heißt es in der Studie. Es gebe aber in allen Einkommensgruppen sowohl Nettozahler als auch Nettoempfänger.

Die Pensionen machen in Österreich einen wesentlichen Teil der sozialstaatlichen Leistungen aus. Heuer schießt der Bund 14 Milliarden Euro zu den Pensionen ehemaliger Arbeiter und Angestellter zu, nächstes Jahr schon 16,7 Milliarden Euro. Für die Beamtenpensionen sind heuer 11,5 Milliarden Euro budgetiert, nächstes Jahr bereits 12,8 Milliarden Euro. In Summe fließt also fast ein Viertel der Gesamtausgaben des Bundes in Pensionen.

Niedrigverdiener profitieren stark vom Bildungssystem

Das öffentliche Bildungssystem ist ein weiterer bedeutender Baustein des Österreichischen Sozialstaates. In Haushalten mit geringem Einkommen nehmen die öffentlichen Bildungsausgaben einen vergleichsweise hohen Stellenwert ein, schreiben die Wifo-Ökonomen: Im Jahr 2019 stellten die öffentlichen Bildungsausgaben für den schulischen Bereich in Haushalten im unteren Einkommensdrittel sogar ein gutes Drittel ihres Bruttogesamteinkommens dar, heißt es in der Studie. Im untersten Einkommenszehntel waren es sogar zwei Drittel des gesamten Bruttoeinkommens. „Eine private Finanzierung des Schulbesuchs wäre für solche Haushalte somit kaum leistbar, zumal vergleichsweise auch viele Kinder in diesen Haushalten leben.“

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