Naher Osten

Erstmals israelische Bodentruppen in Gaza

Israelische Truppen marschieren an der Grenze zum Gazastreifen auf.
Israelische Truppen marschieren an der Grenze zum Gazastreifen auf. APA / AFP / Thomas Coex
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Zwei weibliche Geiseln wurden Montagabend freigelassen, weitere Befreiungen könnten folgen.

Montagabend kam wieder Bewegung in die Verhandlungen um die rund 200 Geiseln aus Israel, die nach dem Terrorüberfall von der Hamas in den Gasa-Streifen verschleppt worden waren. Demnach sollen zwei weitere Geiseln freigelassen worden sein. Dies berichtete die „Jerusalem Post“. Wenig später bestätigte der Sprecher der Hamas, Abu Ubaidas, dass zwei betagte weibliche Geiseln am Grenzübergang Rafah den israelischen Einsatzkräften übergeben worden waren. Die beiden Frauen soll es gesundheitlich schlecht gehen. Somit wurden kurz nachdem 20 Lastwagen mit Hilfsgütern in Gaza angekommen waren, weitere Geiseln freigelassen. Vergangene Woche erlangten die beiden US-Staatsbürgerinnen Yehudit Tai Raanan und Natali Shoshana Raanan, Mutter und Tochter, die Freiheit.

Montagabend gab es weitere unbestätigte Meldungen, wonach an die 50 Personen vor der Freilassung stünden. Medienberichten zufolge haben sich Hilfskräfte des Roten Kreuzes auf den Weg gemacht, um Staatsbürger anderer Länder in Sicherheit zu bringen.

All dies passierte, nachdem die israelische Armee erstmals mit Bodentruppen Nadelstiche gegen die Terrororganisation Hamas gesetzt hatte. Israels Militärsprecher, Daniel Hagari, gab am Montag bekannt, dass bereits vereinzelt Bodentrupps in dem von den Islamisten beherrschten Gebiet im Einsatz seien. „In der Nacht gab es Razzien durch Panzer- und Infanterietruppen“, sagte Hagari vor Journalisten. „Dabei handelt es sich um Razzien, bei denen Terroristentrupps getötet werden, die sich auf die nächste Phase des Krieges vorbereiten.“ Israels Armee sei dabei „tief“ in den Gazastreifen eingedrungen. Auch die Hamas bestätigte erste israelische Vorstöße.

»In der Nacht gab es im Gazastreifen Razzien durch Panzer- und Infanterietruppen. Dabei werden Terroristentrupps getötet.«

Daniel Hagari,

israelischer Militärsprecher

Die Operationen dienten auch dazu, Informationen darüber zu sammeln, wo die Geiseln der Hamas festgehalten werden, berichtete Hagari. Er geht davon aus, dass die Hamas bei ihrem Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober 222 Menschen verschleppt hat.

Aufgrund der jüngsten Freilassungen von Geiseln dürfte die große israelische Bodenoffensive allerdings noch nicht unmittelbar bevorstehen. Einem Bericht der „New York Times“ zufolge, der sich auf mehrere Regierungsbeamte stützt, drängen die USA die Regierung von Benjamin Netanjahu dazu, den großen Bodenangriff zu verschieben.

Verhandlungen über Geiseln

Die Amerikaner wollen demnach auch Zeit gewinnen, um die Freilassung weiterer Geiseln auszuverhandeln.

Außerdem sollen vor einer weiteren Eskalation des Kriegs noch mehr Hilfsgüter in den Gazastreifen verbracht werden, in dem sich momentan eine humanitäre Tragödie abspielt. Am Wochenende rollten Lkw in den davor blockierten Gazastreifen, die Ägypter öffneten den Grenzübergang Rafah. Die USA hatten den Deal mit eingefädelt. US-Präsident Joe Biden und Israels Premier Netanjahu sprachen auch darüber, einen sicheren Korridor für Ausländer einzurichten.

Biden erinnert an Irak-Fiasko

Die USA befürchten zudem, dass ein Bodenkrieg zu einer Welle an Angriffen auf US-Einrichtungen in der Region führen könnte, etwa durch schiitische Milizen im Irak. Und die USA treffen Vorkehrungen, „um ihre Bürger zu schützen“, sagte Außenminister Antony Blinken.

Die Ratschläge der USA werden dem Bericht zufolge via Pentagon-Chef Lloyd James Austin vorgetragen, der fast täglich mit Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant telefoniert. Die Sache ist freilich heikel. Denn die USA wollen keinesfalls den Eindruck erwecken, das Geschehen aus dem Hintergrund zu steuern.

Israels Premier Benjamin Netanjahu (li.) und US-Präsident Joe Biden
Israels Premier Benjamin Netanjahu (li.) und US-Präsident Joe BidenReuters / Evelyn Hockstein

Das weiß auch Biden. Der US-Präsident soll bei einem Treffen mit Israels Kriegskabinett zwar Bedenken zur Bodenoffensive nicht explizit angesprochen haben. Er formulierte aber einige Fragen, die Israel aus seiner Sicht vor dem Beginn der Operation beantworten sollte. Dabei habe Biden laut „New York Times“ das Fiasko der USA im Irak und in Afghanistan in Erinnerung gerufen. Auch bei den damaligen US-Feldzügen mangelte es unter anderem an einer durchdachten Exit-Strategie.

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