Interview

Klimaaktivistin Lena Schilling: „Wir sind nicht per se die besseren Menschen“

Für Klimaaktivistin Lena Schilling ist die Angst vor der Zukunft ein guter Motivator.
Für Klimaaktivistin Lena Schilling ist die Angst vor der Zukunft ein guter Motivator. Jana Madzigon
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Die Klimaaktivistin Lena Schilling spricht über den Frust ihrer Generation, darüber, warum sich die Klimaziele mit der ÖVP nicht ausgehen und wie Umweltschützer Brücken zu Autofahrern schlagen können.

Die Presse: Fangen wir mit Aktuellem an: Greta Thunberg wurde für ihr Free Pales­tine-Posting auf X massiv kritisiert. Schadet sie damit der Klimabewegung?

Lena Schilling: Das fürchte ich leider schon. Ich kann nicht nachvollziehen, warum Thunberg diesen Tweet abgesetzt hat. Gleichzeitig wünsche ich mir eine Differenzierung: Sie hat eine Privatmeinung geschrieben, das ist sicher nicht die Position der Klimabewegung. Ich und viele Aktivisten haben klargemacht, dass wir jeden antisemitischen Terror verurteilen, uns aber auch wünschen, dass Gaza humanitäre Hilfe bekommt.

Die Nahost-Krise ist nur die jüngste von vielen Krisen der letzten Jahre: Corona, Klima, Ukraine-Krieg, Teuerung. Wie geht es Ihnen damit?

So wie vielen Leuten vermutlich: konfus und tagesverfassungsabhängig. In der Welt ist gerade so viel ungewiss. Einerseits stimmen die Versprechungen, die den Generationen vor uns gemacht wurden, einfach nicht mehr. Weder was das Sozialsystem betrifft, noch die Klimakrise, noch Sicherheitsversprechen. In all diesen Bereichen gibt es kein weiter wie bisher, und wir sehen eine historische Transformation. Die Frage ist, wie sie ausgeht. Wie kann es einem da gehen?

Haben Sie Angst vor der Zukunft?

Manchmal. Es ist kein dauerhafter Angst-Paralyse-Zustand. Aber wenn beim Klima Katastrophe für Katastrophe eintritt, Strände in Europa wegen Waldbränden evakuiert werden, sind das Momente, in denen ich total Angst habe und mir denke: Das kriegen wir niemals hin. Und dann gibt es Momente, in denen ich wieder Hoffnung schöpfe. Die darf man sich nicht von der Angst nehmen lassen. Die Angst ist auch ein guter Motivator. Oft ist es mehr Wut als Angst über die Menschen, die bestimmen.

Diese Wut, die Angst, bei manchen ist es sicher auch Resignation…

Ja.

Ist das bei jungen Menschen stärker ausgeprägt?

Ja, auf jeden Fall. Die Generation Z (1995–2010 geb., Anm.) ist eine totale Biedermeier-Generation, wir alle haben Katzen, wohnen zurückgezogen in unseren Wohnungen und versuchen, unser Leben in den Griff zu kriegen. Gleichzeitig wird es das Haus, Kinder, Mann, Golden Retriever und ein Zaun rundherum für uns nicht mehr spielen, weil sich das mit einem 40-Stunden-Job ohnehin nicht ausgeht. Da ändert sich grundlegend etwas. Das ist bei den Jüngeren, die jetzt 13, 14 Jahre alt sind – Generation Alpha, habe ich gelernt – noch viel extremer: Die können sich an nichts anderes erinnern als an Krisen, und ich glaube, das macht schon etwas mit einer Generation.

Zur Person

Die Klimaaktivistin Lena Schilling, geboren 2001 in Wien, wurde durch den Protest gegen die Stadtstraße in Wien einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, bei dem Aktivisten monatelang Baustellen besetzten. Sie ist Gründerin des Jugendrats und studiert Politikwissenschaft in Wien. 

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