Der ökonomische Blick

Wie Fiskalpolitik Klimaziele unterstützen kann

Die Bewältigung der Klimakrise, die unter anderem durch den Ausstoß von Treibhausgasen verursacht wird, ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. 
Die Bewältigung der Klimakrise, die unter anderem durch den Ausstoß von Treibhausgasen verursacht wird, ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Imago/Joeran Steinsiek
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Um Emissionen zu reduzieren, können Regierungen neben regulativen auch fiskalische Maßnahmen ergreifen. Es zeichnet sich jedoch ab, dass die bisher in den EU-Mitgliedstaaten gesetzten Maßnahmen nicht ausreichen, um die aktuellen EU-Klimaziele zu erreichen.

Dieser Beitrag beruht auf einem Artikel von Avgousti et al. (2023). Die von der Autorin zum Ausdruck gebrachte Meinung gibt nicht notwendigerweise die Meinung der Oesterreichischen Nationalbank oder des Eurosystems wieder.

Die Bewältigung der Klimakrise, die unter anderem durch den Ausstoß von Treibhausgasen verursacht wird, ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Um Emissionen zu reduzieren, können Regierungen sowohl regulative Maßnahmen – wie die Festlegung von Umweltstandards – als auch fiskalische Maßnahmen ergreifen. Bei den fiskalischen Maßnahmen spielen auf der Einnahmenseite das Emissionshandelssystem der Europäischen Union (EU ETS) und Umweltsteuern eine wichtige Rolle. Auf der Ausgabenseite geht es vor allem um Investitionen in saubere Energiequellen und die Verbesserung der Energieeffizienz. Es zeichnet sich jedoch ab, dass die bisher in den EU-Mitgliedstaaten gesetzten Maßnahmen nicht ausreichen, um die aktuellen EU-Klimaziele zu erreichen. Dies erfordert zusätzliche Anstrengungen, von denen viele fiskalischer Art sein werden.

Aktuelle fiskalpolitische Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels

Zu den häufigsten Ausgabenmaßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels gehören Transferleistungen an private Haushalte und Subventionen an Unternehmen, um Anreize für Emissionsminderungen und eine geringere Energieintensität (z. B. Förderung von Gebäudesanierung) zu schaffen. Die Regierungen investieren direkt in Umweltschutzprojekte und stellen öffentliche Mittel für Forschung und Entwicklung bereit, um saubere und energieeffiziente Technologien zu fördern. Insgesamt belaufen sich die staatlichen Ausgaben für den Umweltschutz in der EU im Jahr 2019 auf 0,8 Prozent des BIPs, wobei die Spanne von 0,2 Prozent in Finnland bis 1,4 Prozent in Malta, Griechenland und den Niederlanden reicht.

Was ist „Der ökonomische Blick“?

Jede Woche gestaltet die Nationalökonomische Gesellschaft (NOeG) in Kooperation mit der „Presse“ einen Blogbeitrag zu einem aktuellen ökonomischen Thema. Die NOeG ist ein gemeinnütziger Verein zur Förderung der Wirtschaftswissenschaften.

Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der „Presse“-Redaktion entsprechen.

Das EU-Emissionshandelssystem legt eine Obergrenze für die Emissionen der teilnehmenden Energiewirtschaft, der energieintensiven Industrie sowie der innereuropäischen Luftfahrt fest. Die Mitgliedstaaten geben eine entsprechende Menge an Emissionszertifikaten an die Anlagen aus, wobei ein Zertifikat zum Ausstoß von einer Tonne CO2-Äquivalent berechtigt. Durch die kontinuierliche Reduktion der Anzahl der – zwischen den Teilnehmern handelbaren – Zertifikate erhöht sich deren Handelspreis, was einen Anreiz zur Emissionsreduktion schafft. Derzeit beträgt der Preis pro Zertifikat etwa 85 Euro. Der Anteil der Staatseinnahmen aus der Zuteilung von Emissionszertifikaten beträgt in Österreich etwa 0,1 Prozent des BIPs; ein Betrag, der wiederum für „grüne“ Investitionen verwendet werden kann.

Für den Teil der Emissionen, der nicht unter das EU-Emissionshandelssystem fällt (z. B. Kraftstoffe, Heizen), gibt es nur in einigen EU-Mitgliedstaaten eine explizite CO2-Steuer. Nichtsdestoweniger gibt es in allen EU-Ländern Umweltsteuern. Diese sind großteils Verbrauchssteuern auf Energieprodukte (Treibstoff, Gas, Strom), wie etwa die Mineralölsteuern. Für diese legt die EU Mindestsätze fest. Die Mineralölsteuersätze auf Kraftstoffe in Österreich liegen im europäischen Vergleich im Mittelfeld. Zusätzlich hat Österreich im Oktober 2022 eine CO2-Steuer eingeführt, die fossile Brennstoffe und Gas erfasst und damit etwa 40 Prozent der inländischen Treibhausgasemissionen abdeckt.

Auch die Steigerung der Energieeffizienz kann einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels bieten. Generell zeigt sich, dass EU-Länder mit einer höheren Energiebesteuerung weniger energieintensiv sind. Allerdings ist es für Länder, die auf energieintensive Industrien angewiesen sind, schwieriger, Energiesteuern anzuheben, ohne die Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden.

Lücken bei grünen Investitionen und CO2-Bepreisung

Um das EU-Klimaziel für 2030 zu erreichen, sind die oben erwähnten Maßnahmen nicht ausreichend. Die Europäische Kommission (2020 und 2021) schätzt die Kosten für die zusätzlich notwendigen grünen (öffentlichen und privaten) Investitionen, die auf EU-Ebene bis 2030 erforderlich sind, auf rund 520 Mrd. Euro pro Jahr. Die größten grünen Investitionslücken bestehen in den Bereichen Verkehr und Wohnen.

Eine zweite fiskalische Herausforderung sind die großen Unterschiede bei der CO2-Bepreisung in den EU-Ländern. Die durchschnittliche CO2-Bepreisung (explizite CO2-Steuern und EU-ETS gemeinsam) für alle Wirtschaftssektoren lag 2018 in den EU-Ländern zwischen 0,1 Euro/tCO2 in Estland und Spanien und rund 25 Euro/tCO2 in Schweden. Diese geringen Preise deuten darauf hin, dass ein Großteil der Treibhausgasemissionen nicht einer expliziten CO2-Bepreisung unterliegt. Seit der Erhebung für 2018 haben sich die Preise für Emissionszertifikate im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems allerdings vervierfacht, und einige Länder haben CO2-Steuern eingeführt (z. B. Deutschland und Österreich). Zusätzlich plant die EU eine Ausweitung des EU-Emissionshandelssystems. Dies bedeutet eine Verringerung der erheblichen CO2-Preisunterschiede zwischen den EU-Ländern und eine gleichere Besteuerung von Emissionen in den verschiedenen Sektoren.

Darüber hinaus gibt es einige Fiskalmaßnahmen, deren Neugestaltung sowohl der Umwelt als auch dem Staatshaushalt zugutekäme. Dazu gehören vor allem Transfers und Steuererleichterungen an Haushalte (z. B. Pendlerpauschale, Subventionen von Energiepreisen) und an energieintensive Industrien. Diese Maßnahmen dienen zur Abfederung der Belastungen durch hohe Energiepreise und wurden meist aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit und Wettbewerbsfähigkeit konzipiert, ohne Klimaschutz explizit zu berücksichtigen. Im Zuge der aktuellen Energiepreissteigerungen haben diese Subventionen wieder zugenommen (vgl. „Der ökonomische Blick: Österreichs Kampf gegen die Inflation ist teuer, klimaschädlich und nicht treffsicher“).

Klimaziele im Spannungsbereich der Wirtschaftspolitik

Bei der Gestaltung von Klimaschutzmaßnahmen müssen jedoch auch andere wirtschaftspolitische Ziele berücksichtigt werden: etwa die Auswirkungen von Steuern auf die Wohlstandsverteilung oder der Verlust an Wettbewerbsfähigkeit, wenn die CO2-Bepreisung nicht multilateral/global durchgesetzt wird. Avgousti et al. (2023) zeigen beispielsweise, dass CO2-Steuern in Kombination mit teilweisen Rückerstattungen an einkommensschwache Haushalte deren Konsummöglichkeiten sogar erhöhen und damit die Ungleichheit verringern würden. Daher sollten Regierungen einen Ausgleichsmechanismus für einkommensschwache Haushalte vorsehen und eine globale CO2-Bepreisung anstreben, um wirtschaftliche Verzerrungen zu minimieren und internationale Handelsspannungen abzubauen.

Die Autorin

Doris Prammer ist Senior Economist im Referat Konjunktur der Oesterreichischen Nationalbank. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Energie- und Klimapolitik, öffentliche Finanzen und Inflation.

Referenzen

Avgousti, A., F. Caprioli, G. Caracciolo, M. Cochard, P. Dallari, M. Delgado-Te llez, J. Domingues, M. Ferdinandusse, D. Filip, C. Nerlich, D. Prammer, K. Schmidt and A. Theofilakou, „The climate change challenge and fiscal instruments and policies in the EU“, Occasional Paper Series, No 315, ECB, Frankfurt am Main, April.

European Commission (2020), „Kick-starting the journey towards a climate-neutral Europe by 2050“, EU Climate Action Progress Report, November.

European Commission (2021), „Impact assessment report“, Commission Staff Working Document, No 621, July.

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