Pop

Skofi mit „Lass Mich Los“: Ein Album, viele Genres

Am 20. Oktober hat Sarah Kofranek alias Skofi ihr Debütalbum „Lass Mich Los“ veröffentlicht.
Am 20. Oktober hat Sarah Kofranek alias Skofi ihr Debütalbum „Lass Mich Los“ veröffentlicht. Clemens Fabry
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Die Wiener Rapperin Skofi hat ein erstes Album herausgebracht. Es bedient nicht ein, sondern eine Handvoll Genres – ganz wie die Generation Z es am liebsten mag.

Es hat Tradition, dass Sarah Kofranek am Weihnachtsabend die Geige auspackt. Mit sieben Jahren hat sie zu spielen begonnen, knapp neun Jahre nahm sie Unterricht. Als Skofi schlägt sie einen anderen Ton an, einen, der mehr „reinfetzt“, wie sie sagt. Die Diskografie der Wienerin bedient sich diverser Richtungen, von Hyperpop über Trap bis hin zu House. Dabei hat alles so ruhig angefangen, mit englischem Indie-Pop und der Single „Rosy Clouds“. Die Resonanz war groß, die Richtung erfolgsversprechend: 600.000 Streams binnen weniger Tage. Der Drang nach Neuem aber überwog. Kofranek schrieb deutsche Texte, konfrontativer als zuvor, die Vocals weniger melodisch. Aus Indie wurde Deutschrap. Und der Sprechgesang zunehmend mit wummernden Bässen unterlegt.

Heute ist Skofis Musik wieder tiefgründiger, aber immer noch tanzbar. Auf ihrem ersten Album hat sie zum ganz charakteristischen Klang gefunden – aber nach wie vor zu keinem Genre. Dem zwölf Tracks starken Werk „Lass Mich Los“ wohnt ein Umbruch inne: Auf sechs ruhige Nummern mit sphärischen Indie-Instrumentals folgen sechs mit bassgetränkten Beats. Gemein haben die Songs Kofraneks engelhafte Stimme, die sich auch im Rap ganz gut macht. Die Melange aus Indie, Pop und Drum & Bass macht auch dramaturgisch Sinn: „Lass Mich Los“ dreht sich um Identitätssuche und um die Befreiung von eingelernten Rollenbildern. Produziert wurde primär nach Lust, nicht nach Plan. Und bei Gott nicht nach „Schachteln“, sagt die 25-Jährige zwischen Soda Zitron und Tschick. „Natürlich kann man auch einfach das weitermachen, was man kennt. Aber es wäre halt auch scheißlangweilig.“

Wer RAF Camora hört, hört auch Taylor Swift

Zur Release-Show am Samstag lud sie ein Potpourri aus Gastacts: AYMZ macht Rock, Donna Savage Deutschrap, Bex auch R&B. Damit bedient Kofranek auch ihre eigene Generation. Dass sich das Hörverhalten junger Menschen in ein immer weniger genrekonformes entwickelt, belegen Marktforschungsstudien der vergangenen Jahre. Wer RAF Camora hört, hört vielleicht auch Taylor Swift, Nino aus Wien folgt direkt auf Nicki Minaj. Mit ein Grund ist der Aufbau von Streaming-Plattformen: Zwar findet man dort Musik immer noch auch nach dem Genre sortiert, obendrein gibt es aber fluide Kategorien, die Musik für eine bestimmte Stimmung („Down in the Dumps“ – zu Deutsch etwa: niedergeschlagen) oder eine Aktivität („Songs to sing in the shower“ – zum Duschen) bieten. Auf Kofraneks Tonträger findet sich demgemäß Musik zum Durchdrehen und Abschalten. Im Gespräch sagt auch sie: „Der Song muss zur Stimmung passen, dann ist das Genre zweitrangig.“

Es scheint nur folgerichtig, dass eine Generation, die mit derart fließenden Kategorisierungen aufwächst, auch Musik schreibt, die sich oft gängigen Genres entzieht. Zu Kofranek gibt es auch internationale Pendants. Die 19-jährige US-Musikerin Gayle hat für ihren Hit „Abcdefu“ Gitarrenklänge und elektronische Beats gemischt, die Single „R.I.P“ der Sängerin Sofía Reyes wurde von der Streaming-Plattform Pandora Music unter acht verschiedenen Genre rubriziert – darunter Soul, Afrolatin und Electronic. Und Rapper Lil Nas X hat mit seinem Song „Old Town Road“ die Billboard-Country-Charts gestürmt, flog aber ebenso schnell wieder hinaus. Man sei nach genauerer Betrachtung zum Schluss gekommen, dass der Song zwar durchaus Bezüge zur Country-Musik hätte, aber „nicht genügend (…), um in dieser Version zu charten“, erklärte man dem „Rolling Stone“. Ganz drastisch hat es Billie Eilish, eine Parademusikerin ihrer Generation, einst gegenüber dem US-Magazin „Billboard“ formuliert: „Ich hasse die Idee von Genres.“

Pronomen sind wie Genres

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