Eine Wundertüte von Buch! Da wird die Autorenszene karikiert, von einem aberwitzigen Prozess erzählt, Kolonialgeschichte aufgearbeitet – und von lesbischer Liebe weiß Zadie Smiths „Betrug“ auch noch zu berichten.
Wo anfangen? Vielleicht am besten bei dem, was man in Österreich „Raubergschicht“ nennt. Wir sind in der Mitte des 19. Jahrhunderts, halb London ist auf den Beinen. Vor Gericht wird nämlich ein aberwitziger Fall verhandelt. Zu klären ist: Wer ist dieser Kerl, der Anspruch auf das üppige Erbe erhebt? Wirklich Roger, der tunichtgute Sohn der reichen Lady Tichborne? Kann es sein, dass er überlebte, als die „Bella“ vor Südamerika sank, dass er sich nach Australien durchschlug, das Fleischerhandwerk erlernte und dort Jahrzehnte inkognito lebte – und erst, als seine verzweifelte Mutter knapp vor ihrem Tod eine letzte Anstrengung unternahm und ihn via Annonce suchen ließ, sich meldete?
Oder steht da einfach ein dreister Hochstapler? Ein Arthur Orton aus Wapping, der auf schnelles Geld aus ist und ein paar Menschen bestach, für ihn zu bürgen?
Für Ersteres spricht, dass Lady Tichborne ihn wiedererkannte.
Für Zweiteres spricht: alles andere.
Der – historisch verbürgte – Fall ist spannend genug. Schiffbruch! Geld! Ein Zeuge mit schwarzer Hautfarbe! Eine verschwundene Tätowierung! Kein Wunder, dass er Schlagzeilen machte. Was weniger nachvollziehbar ist: warum dies Arm und Reich entzweite und fast zu Aufständen führte. Um das zu erklären, braucht es Zadie Smith.