Unterwegs

Wenn Italiener mit uns reden, hören sie nicht mehr auf

Der Informationsdrang touristischer Dienstleister in Italien ersetzt jeden noch so dicken Reiseführer.

„Was hast du vor?“, fragt der Taxifahrer in Genua. Dass ich die Riviera di Ponente erkunden will, löst einen Sprechdurchfall aus. Unbedingt diese stillgelegte Bahntrasse abradeln! Achtung, bei Savona ist oft Stau! Vor dem Tunnel bei Finale links runter, da ist der schönste Strand! Er selbst gehe im Herbst lieber Schwam­merl suchen. Auf meine unvorsichtige Frage „Welche?“ folgt ein mykologischer Vortrag im Schnelldurchlauf, unter spezieller Berücksichtigung des Kaiserlings („Einfach in der Pfanne anbraten, mit Zwiebeln und Erdäpfeln!“) und des Grüngefelderten Täublings („Sieht giftig aus, schmeckt aber köstlich!“). Es folgt ein Abriss der städtebaulichen Projekte, vom Tun­nel unterm Hafen bis zum Ausbau des „Spielzeug“-Flughafens, samt allen Hürden.

Mit dem, was ich da in zehn Minuten erfahre, ließe sich allein ein Reiseführer füllen. Auch die Direktorin des Hotels in Alassio empfängt uns mit einem Redeschwall („Der Tourismus in unserem Badeort begann mit englischen Adeligen im 19. Jahrhundert …“). Und das piemontesische Ehepaar, das seit kurzem eine Trattoria in Laigueglia führt, ist einen halben Abend lang nicht zu stoppen („Unsere Tochter hat hier schon mehr Freundinnen als früher in Novara …“).

Wer Werbung im italienischen Radio hört, staunt, wie viel an Botschaft sich in zehn Sekunden packen lässt. Speziell geschult? Nein, so sind die hier alle drauf. Und wir mundfaulen Fremdlinge müssen fast nichts beitragen. Zum Erhalt der euphorischen Redelust reichen ein paar „molto interessante“ zwischendurch. Und am Ende, mit letzten Kräften: „Grazie per tutte le informazioni.“ 

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