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Der Unmut der ÖVP über die Justiz

Ex-Kanzler Sebastian Kurz wirft der WKStA parteiisches Verhalten vor. Zuletzt kritisierte er vor Beginn seines Falschaussage-Prozesses ein „Zusammenspiel aus Politik und WKStA“.
Ex-Kanzler Sebastian Kurz wirft der WKStA parteiisches Verhalten vor. Zuletzt kritisierte er vor Beginn seines Falschaussage-Prozesses ein „Zusammenspiel aus Politik und WKStA“. APA/Comyan/Helmut Fohringer
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Einst warf die SPÖ Staatsanwälten und dem Verfassungsgerichtshof Parteilichkeit vor. Heutzutage kommt diese Kritik von der ÖVP. Was ist passiert? Eine Annäherung.

Auf die Gerichte und Staatsanwälte war die ÖVP schon einmal besser zu sprechen. Vor Beginn seines Falschaussage-Prozesses kritisierte Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz ein „Zusammenspiel aus Politik und WKStA“. Letztere habe „immer, wenn es zwei Möglichkeiten gab, es auf die für mich ungünstigere interpretiert“. Der Mitangeklagte Bernhard Bonelli, Ex-Kabinettschef von Kurz, spekulierte, dass er wegen eines von ihm verfassten ÖVP-Positionspapiers Beschuldigter geworden sei. In dem Papier habe er vorgeschlagen, die WKStA zu zerschlagen: „Ich kann nachvollziehen, dass diese Forderung nicht auf viel Gegenliebe gestoßen ist.“

Dass „rote Netzwerke“ in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Jagd auf die Volkspartei machen würden, diese Sicht ist in der ÖVP seit Jahren verbreitet. Unverblümt davon sprach Nationalratsabgeordneter Andreas Hanger, als er 2021 „linke Zellen“ in der WKStA ortete und ihr „politisch motivierte“ Ermittlungen vorwarf.

Neben der WKStA hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) den Unmut der ÖVP auf sich gezogen. Offen wird diese Kritik nicht geäußert, doch dass der Gerichtshof zu liberal und „links“ sei, ist in ÖVP-Kreisen oft zu hören. Wohl nicht ohne Grund will die ÖVP ein Sondervotum beim Höchstgericht einführen: Damit könnten Richter abweichende Meinungen zum Mehrheitsvotum veröffentlichen. Bisher konnten sich Grüne und ÖVP auf eine solche Reform aber nicht einigen.

Die konservative Kritik markiert eine Zeitenwende. Viele Jahrzehnte wurde die Justiz von den Sozialdemokraten in die Mangel genommen. „Die SPÖ hatte immer das Vorurteil, die Justiz sei konservativ und rechts“, sagt Gerhard Jarosch, der mehr als 25 Jahre in der Justiz tätig war, zuletzt als Staatsanwalt. Die Wurzeln des roten Misstrauens würden bis in die Erste Republik – man denke an den Schattendorf-Prozess und Justizpalastbrand – reichen, so Jarosch. Lang hätten sie sich gehalten.

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