Spurensuche

Kulturhauptstadt im Salzkammergut: „Wir haben uns etwas anderes erwartet“

Max Hofbauer vom k. u. k. Hofbeisl in Bad Ischl hätte sich größere Events gewünscht, „die den Menschen Freude bereiten“.
Max Hofbauer vom k. u. k. Hofbeisl in Bad Ischl hätte sich größere Events gewünscht, „die den Menschen Freude bereiten“.Harald Dostal
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Zwei Monate vor dem Start haben die Bewohner des Salzkammergutes ganz unterschiedliche Gefühle zur Kulturhauptstadt 2024. Eigentlich sollte es eine große Chance sein, trotzdem haben manche massive Bedenken und sind enttäuscht. Warum? Eine Spurensuche.

Im Salzkammergut regnet es dieser Tage. In dicken Tropfen fällt der Regen auf die Straßen und lässt die sonst so herbstlich rot-goldenen Bäume, die stolz emporragenden Berge und die Seen, die je nach Lage und Tag zwischen Türkis und Blau oszillieren, einfach nur eines wirken: grau.

Grau wirkt auch die Stimmung von Elisabeth Schweeger, als sie der Anruf der „Presse am Sonntag“ ereilt. Oder wohl eher genervt. Vorsichtig formuliert. Auch wenn sie sich tunlichst bemüht, nicht den Anschein zu erwecken. „Nein, es ist nichts bei der Kommunikation schiefgelaufen“, sagt sie bestimmt. Diskussionen gebe es immer, das gehöre zu einer funktionierenden Demokratie dazu.

Linz und Graz haben jahrelang davon profitiert 

Die Frau mit den krausen, dunklen Locken, die sie gern am Oberkopf in einer Mischung aus Dutt und Tolle zusammenbindet, muss sich nicht das erste Mal rechtfertigen. Schweeger ist künstlerische Geschäftsführerin der Kulturhauptstadt Bad Ischl 2024, oder eigentlich der Kulturregion Salzkammergut. In zwei Monaten, wobei die Eröffnung erst am 20. und 21. Jänner ist, fällt der Startschuss für die Kulturregion, die immerhin 23 Gemeinden in ein europäisches Licht rücken und die kulturelle Gemeinsamkeit und Vielfalt in der Union zeigen soll. Manche Städte wie Graz oder Linz haben von diesem Titel jahrelang profitiert.

»Das ist ein sensationelles Format, ich bin gespannt, was passiert.«

Andrea Frauscher-Oberfrank

Frauscher Boote und Hafen in Gmunden

Eigentlich ein schönes Projekt, doch zwei Monate vor dem Jahreswechsel ist man vor Ort im Salzkammergut noch nicht überall von der Kulturhauptstadt überzeugt. Der Start war holprig. Der ursprüngliche Leiter Stephan Rabl musste nach Unstimmigkeiten gehen. Der Hauptbezugsort Bad Ischl versank bis zuletzt in kommunalen Streitereien und blockierte sich selbst. Und mit 30 Millionen Euro hat die Region außerdem ein vergleichsweise geringes Budget. Das macht gerade einmal 1,3 Millionen Euro für jede der 23 Gemeinden.

Spricht man mit den Bewohnern des Salzkammergutes und zwar jenen, die nicht direkt in die Kulturhauptstadt involviert sind, hört man oft von großen Hoffnungen, vielen Fragezeichen und bereits erlebten Enttäuschungen. „Grundsätzlich ist es eine wahnsinnige Chance für Bad Ischl“, sagt etwa Monika Quell, Besitzerin vom gleichnamigen Schuhgeschäft und stellvertretende Obfrau des Wirtschaftsforums Bad Ischl. Im Sommer habe es eine Vorstellung des Programms gegeben. Lang und interessant sei das gewesen. „Mit manchem kann ich viel anfangen, mit manchem nichts.“ Sie sagt aber auch: „Wir haben uns etwas anderes erwartet.“

»Viele Leute vor Ort fühlen sich nicht eingebunden. Auch jene, die sich gern eingebunden hätten.«

Hans Ostermann

Kunsthistoriker

»Der Informationsfluss ist nicht gut.«

Horst Neuböck

Unternehmer in Ebensee

Was ist eine Kulturhauptstadt?

Quell spricht eine Entwicklung an, die einige in der Region erlebt haben. „Es war eine Zeit lang eine richtige Enttäuschung da. Weil wir dachten, dass wir herzeigen können, was wir haben.“ Das Salzkammergut strotze ja nur so von Kunst und Kultur: Die Habsburger, Lehar, Bruckner, Klimt, die hier in der Sommerfrische Großartiges schufen. Gepaart mit noch immer gelebtem Brauchtum. Es sei ja nicht so, dass man die kulturelle Vielfalt hier erst erfinden müsse.

Doch dieser Idee, herzuzeigen, was man habe, „der wurden wir relativ schnell beraubt“, sagt sie. „Uns wurde erklärt, dass das eh schon da ist. Das brauchen wir nicht herholen.“ Quell, die bereits in Pension ist, führt mit ihrem Ehemann das älteste Schuhgeschäft im Ort. Es ist eines von mehreren inhabergeführten, individuellen Geschäften in der Stadt. Eine Tatsache, auf die man in Ischl besonders stolz ist.

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