TV-Notiz

Binders „situationselastische Spracheleganz“ in der „ZiB 2“

Der Chefverhandler der Metaller-Gewerkschaft war am Sonntag bei Martin Thür in der „ZiB 2“.
Der Chefverhandler der Metaller-Gewerkschaft war am Sonntag bei Martin Thür in der „ZiB 2“.
  • Drucken
  • Kommentieren

Der Fäkalsprache des Metaller-Chefverhandlers auf der Spur: Vor den Warnstreiks erklärte er Forderungen und Ton. Hat er vor den Monteuren bewusst provoziert?

Martin Thür wollte sie am Sonntagabend in der „ZiB 2“ nicht aussprechen. Die Worte, mit denen Reinhold Binder, Chefverhandler der Metaller, kürzlich seine Einstellung zu Einmalzahlungen erklärte. Vielleicht hat den „Scheiße-Gehen-Sager“ ohnehin jeder im Ohr, er wurde ja vielfach zitiert. „War das eine bewusste Provokation, um auch öffentlich Druck auf die Arbeitgeber zu machen und ihr Anliegen zu verstärken?“, wurde der Gewerkschafter also im Interview geschmeidig gefragt. Woraufhin er, staubtrocken, seine Wortwahl erklärte: „Das ist eine situationselastische Spracheleganz“. Er habe das bei einer Betriebsversammlung der Monteure gesagt – „und die haben ganz klar und deutlich in ihrer Mimik und Gestik gezeigt, was sie von dem Angebot halten“.

Harte Zeiten erfordern harte Worte, sozusagen. Heute, Montag, gibt es Warnstreiks, denn die Lohnverhandlungsrunden der Metaller sind nach der vierten Runde ergebnislos abgebrochen worden. Können es längere Streiks werden? Die Arbeitgeber hätten ein Angebot vorgelegt, das weit unter der Teuerungsrate liegt, so Binder. Aber die Menschen müssten sich das Leben wieder leisten können. Man würde „alles daran zu setzen, dass die Teuerung endlich abgegolten wird“. 11.6 Prozent fordern die Gewerkschafter, die Arbeitgeber wollen weniger – und das aufteilen auf mehrere Jahre.

Einen Abschluss unter der Teuerungsrate schloss Binder aus, jedenfalls für Arbeitnehmer in den untersten Lohnkategorien. Er erklärte Forderungen und Argumente. Und musste auch die Frage beantworten, wie sich die Unternehmen im schrumpfenden Industriebereich zweistellige Lohnerhöhungen leisten können sollen. „Das ist ganz einfach“, meinte Binder, denn die Klein- und Mittelbetriebe in Österreich seien darauf „angewiesen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein gutes Geld verdienen, sonst werden sie dort wieder nicht investieren können“. Der zitierte „Balanceakt“ zwischen hohen Lohnabschlüssen und deshalb drohenden Kündigungen sei jedenfalls „nicht das wesentliche Thema“. In den vergangenen Jahren hätten die Unternehmer gute Geschäfte gemacht, im nächsten Jahr sei ein Aufschwung möglich.

Der Gewerkschafter sprach über hohe Dividenden und Managerboni, blieb aber durchaus höflich. „Da bitte ich auch die Arbeitgeber, endlich einzulenken“, sagte er etwa. Die Spracheleganz blieb also situationsbedingt im TV-Studio recht unelastisch, um in Binders sprachlichem Dehnbild zu bleiben. Die Situationselastizität als Kampfbegriff in der Gewerkschaftersprache überrascht ohnehin. Schließlich hörte man das Wort, das der Duden (noch?) nicht kennt, das aber zum „österreichischen Wort des Jahres 2014“ gewählt worden war, bisher vor allem als beschönigende Umschreibung mangelnden politischen Rückgrats.

>> Das Interview zum Nachschauen

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.