Wiener Jazz-Szene

Einst Nirvana, jetzt die Winterreise: Die Teilzeit-Karriere der Iris T.

Iris T. stellt hintersinnig groovende Versionen der „Winterreise“-Lieder vor.
Iris T. stellt hintersinnig groovende Versionen der „Winterreise“-Lieder vor.Akos Burg
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Schon Falcos Produzent wurde auf Iris T. aufmerksam. Nun widmet sich die Wiener Sängerin der „Winterreise“. Die jazzige Reharmonisierung des Liederzyklus wird just zu Schuberts Todesstunde präsentiert.

Googelt man ihren vollen Namen, so kommt man auf die Homepage der Wirtschaftskammer Österreich, wo sie als Mitarbeiterin wirkt. Tatsächlich hat sich Iris Träutner, die als Sängerin schlicht unter Iris T. firmiert, bereits vor etlichen Jahren gegen eine Vollzeitkarriere entschieden.

„Mein erstes Soloalbum hat sehr gut funktioniert. Da kam die Frage auf, ob ich es hauptberuflich mache oder nicht“, erklärt sie. „Ich habe mich nach reiflicher Überlegung dagegen entschieden, weil ich so mehr Freiheiten habe. Das viele Herumreisen hätte mir am Ende nicht behagt. Damals hatte ich noch meinen Hund. Ein Grund mehr, das nicht zu wollen.“

Noch viel näher am Zeitgeist als mit ihrer letzten, recht frivolen Soloplatte war sie 2003. Schon damals bildete sie ein Team mit dem Floridsdorfer Gitarristen Hans Zinkl. Mit der gemeinsamen originellen Swing-Adaption von Klassikern des Neunzigerjahrerock – Songs von Nirvana, Soundgarden und Oasis – erreichte sie unter dem Signet Iris T. & The Billy Rubin Trio sogar die Spitze der FM4-Charts.

Das Projekt scheiterte letztlich an privaten Gründen. Träutner war amourös an den Bassisten gebunden. Nach dem Aus der Beziehung orientierte sie sich auch künstlerisch neu. Überhaupt kann Iris T. auf eine recht verschlungene Biografie zurückblicken.

Aufgewachsen in bürgerlichen Verhältnissen in Döbling, studierte sie eine halbe Ewigkeit. Dann probierte sie sich in mehreren Berufen aus. Sie war Lehrerin und Lektorin, derzeit fungiert sie als Sachbearbeiterin im Bereich Außenwirtschaft in der WKÖ. Auch als Künstlerin gab sie sich rastlos. Sie vazierte durch allerlei Genres zwischen Jazz, Klassik, Pop und deutschem Chanson.

Erste Quelle ihrer musikalischen Bildung war zunächst der Plattenspieler ihres Vaters. Dort hörte sie viel Barockmusik, aber auch die Beatles und Elton John. „Paul McCartney war meine erste große Liebe“, schwärmt sie. „Das erste Mal ,Because‘ von den Beatles zu hören war Wahnsinn. Ich konnte nicht fassen, dass es so eine Musik gibt.“

Sepp Dreissinger als Lehrer

Bereits zu Schulzeiten wurde sie von Sepp Dreissinger, dem bekannten Fotografen, gefördert. Er war ihr Gitarrenlehrer am Gymnasium. Mit ihrer jüngeren Schwester und einer Freundin bildete sie bald ein Trio. In dieser Formation wurde Iris T. von keinem Geringeren als Falco-Produzent Robert Ponger entdeckt. „Er war wahnsinnig pitzelig, aber wir haben sehr viel von ihm gelernt. Damals, es war Mitte der Neunziger, wurde noch alles analog aufgenommen. Wir waren ständig in seinem Studio. Es war eine super Zeit.“ Leider fand das Album keine Abnehmer. „Der Robert ist leider nicht so der Verkäufer. Die Plattenfirma biss nicht an.“ Das Opus verschwand im Archiv.

Winterreise mit Liebeskummer

Ihre jetzige Hinwendung zu Schuberts Liedzyklus „Winterreise“ hat sich schon länger in ihr vorbereitet. „Mit 20 Jahren habe ich sie zum ersten Mal gehört. Ich denke, das war auch der richtige Zeitpunkt dafür. Ich war damals ein romantisches, junges Mädchen mit Liebeskummer und so. Da hat der Zyklus total gepasst.“

In den letzten Jahren hat sie sich abermals damit beschäftigt. „Ich dachte, das würde auch jazzig gut klingen, und habe begonnen, einzelne Lieder zu reharmonisieren. Hans Zinkl fand die Idee super. In der Zwischenzeit sind ja viele Interpretationen rausgekommen. Die von Lia Pale hat mir besonders gefallen. Sie hat es auf Englisch gemacht. Zuletzt kam Klara Frühstück. Meine Version ist natürlich die beste“, stellt sie lachend fest. „Das ist eh klar.“

Die vierundzwanzig hintersinnig groovenden, edel schimmernden Versionen stellt Iris Träutner am 19. November im Porgy & Bess übrigens zu einer delikaten Tageszeit vor. Das Konzert findet als Matinee zur Todesstunde des vor 195 Jahren verblichenen Schubert statt. „Für einen düsteren Herbstnachmittag kann ich mir nichts Passenderes vorstellen“, sagt sie. Bleibt zu hoffen, dass das Wetter mitspielt und genug Nebel erzeugt.

Auf einen Blick

Iris T., geboren als Iris Träutner, ist Sängerin und Sachbearbeiterin in der Wirtschaftskammer Österreich. 2003 war sie mit dem Projekt Iris T. & The Billy Rubin Trio erfolgreich. Neues Album: „Winterreise“ von Iris & Hans Z. Quintett (Hoanzl) erscheint am 17. November. Live: Sonntag, 19. November, 14 Uhr, Matinee im Porgy & Bess.

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