Restitution

Ein VIP-Besuch im Belvedere: Klimts Adele ist wieder da!

Klimts „Adele Bloch-Bauer II“, 1912–13.
Klimts „Adele Bloch-Bauer II“, 1912–13.Belvedere
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Die bunte „Adele Bloch-Bauer II“ ist fast 20 Jahre nach ihrer Rückgabe wieder im Oberen Belvedere zu sehen – als Leihgabe einer Privatsammlung Hongkong.

Adele war immer sehr elegant. Sie trug ein langes, weißes, fließendes Kleid und war sehr dünn. Sie rauchte ununterbrochen – was damals sehr ungewöhnlich für eine Frau war. „Ich sage immer: Sie war eine Frau von heute, die in einer Welt von gestern lebte. Sie hätte gern an der Universität studiert, sie hätte gern gearbeitet. Aber das machte man damals nicht.“ So erinnerte sich Maria Altmann 2007 an ihre Tante Adele Bloch-Bauer, deren Andenken die Nazis aus ihrem berühmtesten Klimt-Porträt zu tilgen trachteten, mit dem Titel „Frau in Gold“.

Die Mäzenin selbst konnten sie nicht tilgen, sie starb bereits 1925 mit 44 an Meningitis. Ihre sechs Gemälde des von ihr abgöttisch verehrten Gustav Klimt beließ der weitaus ältere Gatte, ein Industrieller, in einem „Gedenkzimmer“ seiner Wohnung. Dem Wunsch seiner Frau, sie nach ihrem Tod der Österreichischen Galerie zu übergeben, wollte er, wie er dem befreundeten Direktor bekannt gab, bei Bedarf nachkommen.

Doch vorher kamen die Nazis. Ferdinand Bloch-Bauer konnte flüchten. Ein regimetreuer Anwalt (noch dazu namens Führer) „verwaltete“ dessen „arisiertes“ Vermögen. Das heißt: Er verscherbelte es. Verwirrende Tausch- und Kaufgeschäfte rund um die Sammlung nahmen ihren Lauf.

Altmanns Kampf brachte Umdenken

Nach dem Krieg fanden sich Adeles zwei Porträts – keine sonst malte Klimt zweimal – plötzlich doch im Belvedere: Das Hauptwerk der goldenen Periode und das erste Werk von Klimts naturalistischerer Phase ab 1912, die bunte „Adele Bloch-Bauer II“. Nach jahrelangem Rechtsstreit wurden die Porträts und drei Landschaften 2006 den rechtmäßigen Erben zurückgegeben, darunter Maria Altmann. Fünf Jahre später starb sie. Ihr Kampf steht für ein Wende in der österreichischen Restitutionspolitik und auch im öffentlichen Bewusstsein für viel noch immer nicht abgegoltenes Unrecht.

Die Gemälde kamen in die Auktion bzw. wurden privat weiterverkauft. Die goldene Adele galt für kurze Zeit sogar als teuerstes Bild der Welt, Ronald S. Lauders soll sie 2015 für 107 Mio. Euro für seine Neue Galerie in New York erstanden haben. „Adele II“ sicherte sich US-Starmoderatorin Oprah Winfrey in einer Auktion um 88 Mio. Dollar. 2017 reichte sie das Porträt um 150 Millionen an einen chinesischen Investor weiter.

Jetzt ist es als Leihgabe genau dieser Hongkonger Sammlung „Home Art“, hinter der vermutlich ein Aktienfonds steckt, nach fast 20 Jahren wieder in Wien zu sehen. Es hängt wieder im Belvedere, wo die Frau, die darauf abgebildet ist, es hängen sehen wollte. Sie hat nicht ahnen können, dass ihre großzügige Gabe einmal keine freiwillige werden sollte.

Eine schlängelnde Silhouette

Der Begriff „Special Guest“, mit dem das Belvedere den Besuch jetzt feiert, ist daher durchaus treffend. Ein ganzer „VIP-Raum“ wird ihm in der 1900-Sammlung gewidmet. Präsentiert werden darin auch die Restaurierungsarbeiten, die im Belvedere vorgenommen wurden. Ähnlich wie bei der Leihgabe des Bildes „Wasserschlangen II“ im Frühjahr, ebenfalls aus der „Home Art“-Sammlung, gab es eine Art Tauschgeschäft: Die Eigentümer übernahmen die Kosten für Transport und Versicherung, das Belvedere durfte forschen und das Bild auf Hochglanz bringen.

Heraus kam dabei vor allem, dass Klimt das Kleid Adeles üppiger vorgezeichnet hat. Erst während des Malens muss er ihre Silhouette zu der für ihn charakteristischen, wohl verführerisch gemeinten geformt haben: Wie eine Schlange windet sich ihre Silhouette hinauf; ihre Füße scheinen sie kaum halten zu können. Noch dazu, da sie eher in einem Seerosenteich Monets als auf einem Teppich stehen. Im Hintergrund laufen derweil Kampfszenen einer chinesischen Legende; asiatische Motive, wie Klimt sie immer wieder Vasen, Tellern, Textilien entlehnt hat.

Einen Raum weiter hängt übrigens eine alte Bekannte Adeles: das Porträt der Amalie Zuckerkandl, einst ebenfalls in der Bloch-Bauer-Sammlung. Genauso, wie das derzeit in der Orangerie ausgestellte „Schloss Kammer am Attersee III“ einst Teil des Gedenk­raums für Adele war. Liest man die langen, abenteuerlichen Provenienzen dieser Bilder, minutiös in einem Schaukasten aufgelistet, schwirrt einem der Kopf. Aber erforscht wurden sie. So gut es eben geht.

Bis 11. Februar, Montag bis Sonntag: 9–18 Uhr.

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