Kino

„Napoleon“: Joaquin Phoenix taut nicht, selbst wenn er weint

Kriegslüstern und verzweifelt verliebt: Joaquin Phoenix als Napoleon.
Kriegslüstern und verzweifelt verliebt: Joaquin Phoenix als Napoleon.Sony Pictures
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Wenige Figuren der Geschichte wecken so gemischte Gefühle wie der französische Feldherr und Kaiser Napoleon. Welches Bild entwirft Ridley Scotts großes neues Kinoepos „Napoleon“ von ihm? Über einen seltsamen Helden und Schlachtszenen, die bis unters Eis führen.

Napoleon, der Emporkömmling aus Korsika, wurde bejubelt dafür, dass er das Erbe der Französischen Revolution erhielt und zugleich deren Schrecken beendete, wurde international bewundert als Held gegen die Adelstyrannei – bis er sich selbst zum Kaiser krönte. Mit seiner Kriegslust mischte er Europa auf, demütigte Österreicher und Russen 1805 bei Austerlitz, scheiterte 1812 an Russlands Politik der verbrannten Erde und am dortigen Winter und verlor so gut wie seine ganze Armee, die die größte war, die man je in Europa gesehen hatte. Eine große europäische Koalition gab ihm den Rest, doch noch einmal schaffte er es aus der Verbannung auf der Insel Elba zurück an die Spitze Frankreichs. Bald danach besiegten ihn Engländer und Preußen bei Waterloo, er endete verbannt auf St. Helena, einer winzigen Insel. „Eher ein Felsen“, wie im Film der General Wellington dem nach der Niederlage auf einem englischen Schiff beim Frühstück sitzenden Napoleon seelenruhig mitteilt.

Frankreich scheint die Thematisierung seines dunklen Helden, der im Pariser Invalidendom ruht, heute eher zu scheuen. Man muss wohl außerhalb von Frankreich sein, um ungeniert genug zu sein, in zweieinhalb Stunden die ganze Karriere samt Liebesleben dieses Feldherrn und Staatsmanns zu durchmessen, der bis heute so gemischte Gefühle hervorruft.

Der Brite Ridley Scott, Regisseur so berühmter Filme wie „Blade Runner“, „Thelma & Louise“ oder „Gladiator“, hat dieses Unternehmen gewagt. Er gehört zweifellos zu jenen lebenden Regisseuren, denen man das zutraut, selbst noch mit 85 Jahren. In „Gladiator“ spielte Joaquin Phoenix den Kaiser Commodus als tragischen Bösewicht im wahrsten Sinn des Wortes, unansehnlich im Vergleich zu seinem strahlenden Gegenspieler, bösartig auch aus seinem Leiden heraus. Ihn hat Scott nun zum Napoleon auserkoren – war das eine gute Wahl?

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