Randerscheinung

Die Geisterbahn fehlt

Florian Asamer
Florian Asamer Carolina Frank
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Der Fixpunkt des jährlichen Kirtagsrituals fehlt. Dabei ist gemeinsam mit den Eltern eine Runde Geisterbahn zu fahren wirklich gruselig.

Es gibt da also diesen Kirtag direkt bei uns ums Eck. Einmal im Jahr zum Landesfeiertag wird die Einbahn vor unserer Tür aufgehoben (man muss dann höllisch aufpassen beim Weggehen, weil die Autos plötzlich auch aus der anderen Richtung kommen können), überall ist das Parken verboten (alles sieht ganz ungewohnt großzügig aus, wenn die Autos fehlen), und am großen Platz werden die Fahrgeschäfte, Verkaufsstände und Essenswägen aufgestellt. Doch heuer ist etwas anders: die Geisterbahn fehlt. Der fixeste Fixpunkt des jährlichen Kirtagsrituals. Schon am Weg in den Kindergarten konnten wir mit dem Jüngsten den Aufbau der Geisterbahn beobachten. Wie die Schienen, auf denen dann die mit gruseligen Figuren bestückten Wagen im Kreis fahren würden, auf einer winzigen Fläche verlegt wurden, wie die Riesenspinnen, Gerippe und offenen Särge aus einem Lastwagen an ihren Platz gebracht wurden und am helllichten Tag zum Lachen statt zum Fürchten ausschauten.

Und schließlich dann am Rückweg vom Kindergarten (später auch von der Volksschule) die Seitenwände aufgestellt waren und die engen Gänge nun schon von außen gruselig wirkten. Beim Fahren sind wir dann trotzdem erschrocken (aber es ist wie beim Kitzeln: man muss nur Lachen, wenn man gekitzelt werden will), aber gleichzeitig erkannten wir die Monster aus dem Lastwagen wieder. Heuer also fehlt die Geisterbahn überhaupt, an ihrer Stelle steht so ein Karussell, bei dem jedem Nichtjugendlichen schon beim Zuschauen schlecht wird. Aber vielleicht ist das auch ganz gut: Er wäre eh nur uns zuliebe eine Runde Geisterbahn gefahren. Früh am Nachmittag, wenn nicht die Gefahr besteht, jemanden zu treffen. Gemeinsam mit den Eltern: Das ist nämlich wirklich gruselig! (Die Presse Schaufenster, 24.11.2023)

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