Filmkritik

Disneys „Wish“ bleibt unerfüllt

„Wish“ bleibt an den US-Kinokassen unter den Erwartungen.
„Wish“ bleibt an den US-Kinokassen unter den Erwartungen.Disney
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Die Vorzeichen standen gut: Die Macher der „Eiskönigin“ sollten zum 100-Jahr-Jubiläum von Disney einen neuen Klassiker schaffen. Warum hat das beim neuen Kinofilm „Wish“ nicht funktioniert?

Als der erste Trailer zu „Wish“ erschien, fühlte man sich an eine Persiflage erinnert. Der neue Animationsfilm wirkte wie der Disneyischste Disneyfilm in der Geschichte des Unterhaltungsgiganten. Das Setting: pittoresk. Die Hauptfigur: puppengesichtig und gut. Der Bösewicht: mit Grünschattierung. Das Begleittier: niedlich und auf harmlose Weise frech. Die Musik: mitsingbar. Außerdem: ein Feuerwerk und wehendes Haar. Kein Wunder. „Wish“ ist ein Auftragswerk, das den Höhepunkt des 100-Jahr-Jubiläums der Hollywood prägenden „Company“ markieren sollte.

So versucht der Film den Spagat: „Wir wollten etwas machen, das sich nostalgisch anfühlt, aber auch neu wirkt“, erklärte Filmemacher Chris Buck der „Presse“. Der Co-Autor der „Eiskönigin“ führte gemeinsam mit Newcomerin Fawn Veerasunthorn Regie und schrieb mit Jennifer Lee (ebenfalls „Eiskönigin“) und Allison Moore (bisher TV-Serien) am Drehbuch mit.

Asha will die Assistentin von Magnifico werden, ist dann aber enttäuscht von ihm.
Asha will die Assistentin von Magnifico werden, ist dann aber enttäuscht von ihm.Disney

Die Geschichte erinnert an ein Märchen: Im Königreich Rosas auf einer traumschönen Insel im Mittelmeer lebt der Zauberer/Herrscher Magnifico (Chris Pine im Original, Alexander Doering in der deutschen Fassung). Er herrscht über seine dank des Settings zwischen Afrika und Südeuropa diversen Untertanen. Diese vertrauen ihm ihre innigsten Wünsche an, die er als leuchtende schwebende Kugeln aufbewahrt, und hie und da erfüllt er einen von ihnen – aber nur, wenn er meint, dass sie dem Königreich dienen. Dass der gute Magier in Wahrheit ein Helikoper-Übervater mit Kontrollzwang ist, erfährt die 17-jährige Asha, als sie sich für den Posten der Assistentin bei ihm bewirbt. Asha, dunkelhäutiges Arbeiterkind mit Braids-Zöpfen, ist zwar dem Titel nach keine Prinzessin, erfüllt aber sonst alle Eigenschaften des Disney-Archetyps: Sie ist aufopferungsvoll und gütig, ein Familienmensch und singen kann sie auch (im Original gibt ihr Oscar-Preisträgerin Ariana DeBose die Stimme, im Deutschen Patricia Meeden).

Asha wünscht sich „etwas mehr als das für uns“

Desillusioniert durch die Begegnung mit Magnifico, flüchtet Asha einen Ohrwurm trällernd nachts in den Wald und wünscht sich von einem Stern „etwas mehr als das für uns“. Der Stern kommt hernieder, gelb und goldig und an eine Pokemon-Figur erinnernd. Er ist zwar stumm, schenkt aber dem niedlichen Zicklein Valentino, das Asha stets mitführt, eine Stimme (Alan Tudyk bzw. Stefan Kaminski).

Magnifico widerum nimmt Asha fortan als Bedrohung wahr und eignet sich dunkle Magie an, die grün leuchtet wie bei der beliebten Bösewichtin Maleficent aus „Dornröschen“ (1959). Nach einigem an Drama und vielen Songs siegt natürlich Asha, auch dank der aufbegehrenden Untertanen und weil sie eine Lehre gezogen hat aus der ganzen Geschichte: „Mach deine Wünsche selbst wahr.“ Politisch sehr unverfänglich und der ureigenen Unternehmensphilosophie Disneys entsprechend.

Kann bald sprechen und singen: Zicklein Valentino.
Kann bald sprechen und singen: Zicklein Valentino.Disney

Für erfahrene Disney-Rezipienten sind viele „Ostereier“ versteckt in dem mit 95 Minuten angenehm straffen Film. Von einem Rehbock namens Bambi, der vorbeispaziert, über Ashas sieben beste Freunde (wie die Sieben Zwerge) bis zu dem herzförmigen Gesicht von Star, das absichtlich an Micky Maus erinnert. Optisch besonders schön ist der Hintergrund, wie mit Wasserfarben gemalt – eine Verneigung vor „Schneewittchen“ (1937) und „Pinocchio“ (1940), die noch in Handarbeit entstanden.

„Wish“ erstaunt nicht

Der Film solle sich anfühlen, als würde man in ein Bilderbuch eintauchen, erklärt Buck. „Wish“ ist in sich stimmig, doch das „herzerwärmende Gefühl“ und die „an die Kindheit erinnernde Magie“, die Buck und Veerasunthorn zu erzeugen versuchten, wollen sich trotzdem nicht einstellen. Ihr Film enttäuscht auch an den Kinokassen: In den nordamerikanischen Kinocharts landete er nach seinem Start vergangene Woche nur auf dem dritten Platz.

Was „Wish“ von den letzten großen Hits der „Meisterwerke“-Reihe (eine Marketingbezeichnung des Konzerns) unterscheidet, ist, dass ihm der Überraschungsmoment fehlt: An der „Eiskönigin“ erstaunte die damals ungewohnte Feminismus-Light-Botschaft (Schwesternschaft war wichtiger als Liebesglück), „Vaiana“ und „Encanto“ fesselten mit ihren ungehörten, weil in anderen Kulturkreisen wurzelnden Geschichten. Die Geschichte von „Wish“ mag neu erdacht sein, aber sie fühlt sich gehört an. Kindern wird der Film trotzdem gefallen.

„Wish“, ab heute im Kino

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