Kunstgeschichte

Ist das ein Da-Vinci-Globus – oder ein Fake?

Laut Wissenschaftlern ist das kein Straußenei, sondern eine Replik.
Laut Wissenschaftlern ist das kein Straußenei, sondern eine Replik.APA / APA / Annemarie Happe
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Ein Sammler sprach an der Uni Graz über seinen Globus, der von Da Vinci stammen soll. Die Wissenschaft hält das Stück allerdings für ein Faksimile.

„Er ist der erste bekannte Globus, der die Neue Welt darstellt: der Leonardo-da-Vinci-Globus aus dem Jahr 1504. Graviert wurde er auf den unteren Hälften von zwei Straußeneiern.“ Mit diesen Worten pries die Universität Graz einen Vortrag des Globensammlers Stefaan Missinne an, der das rund elf Zentimeter große historische Stück 2012 auf einer Fachmesse erstanden haben will. Laut einem Bericht der Austria Presse Agentur, der unter anderem von ORF.at übernommen wurde, datiert Missinne den Globus in das Jahr 1504 – er halte ihn für den Prototypen, von dem der Abguss des kupfernen Hunt-Lenox-Globe gemacht worden sei, der in der New York Public Library aufbewahrt wird.

Eine These, die von Wissenschaftlern nicht unterstützt wird. Missinne beziehe sich in seinen Behauptungen auf eigene Untersuchungen – eine unabhängige wissenschaftliche Prüfung seines Globus habe er bisher aber nicht zugelassen, lautet die Kritik. Nach Ansicht eines internationales Forschungsteams bestehend aus Catharina Blänsdorf und Thomas Horst (beide München), Maria Fernanda Falcon Martinez (Rom/Aquila) und Martina Pippal (Wien) ist Missinnes Globus bloß eine Replik des Hunt-Lenox-Globe – und auch nicht aus einem Straußei, sondern aus Kunststoff gefertigt. Die Wissenschaftler datieren ihn auf 1984/85.

Repliken mit „hunderten Fehlern“

Kunsthistorikerin Pippal, die am Institut für Kunstgeschichte der Uni Wien lehrt, hat bereits 2020 einen Kommentar dazu gegeben: „Mir wurde klar, dass Missinnes These nicht hält“, sagt sie der „Presse“. Die Methode, mit der der Sammler den Globus datiere, habe dieser „selbst erfunden“ – es handle sich um eine wissenschaftlich nicht überprüfte Methode. Sie habe über das Thema auch im September bei einer internationalen Tagung gesprochen, so Pippal.

Missinne habe 2018 Röntgenbilder seines Globus publiziert. „Das ist ein solides Stück. Es hat keine Poren. Das kann gar kein Straußenei sein.“ Und noch etwas sei ihr aufgefallen: Der Hunt-Lenox-Globe in New York sei „perfekt bis zum Äquator“, während die Repliken (es gebe mindestens drei gleiche Globen) im Äquatorbereich „verwaschen“ seien und „hunderte Fehler“ aufweisen, „bei allen identisch“. Pippal hat u. a. mit Besitzern von anderen übereinstimmenden Abgüssen darüber gesprochen. Es sei davon auszugehen, dass sie mit der gleichen Form gegossen wurden, sagt sie, vermutlich im Zuge einer Faksimilierungs-Kampagne. (i. w.)

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