Kommentar

Das „reine“ Russland und seine Feinde

Neues „Extremismus“-Urteil: Putins Homosexuellen-Repression ist Ausdruck seiner antiwestlichen und totalitären Gedankenwelt.

Wie ein Staat mit seinen Minderheiten umgeht, sagt viel über ihn selbst aus. Dies trifft auch im Fall Russlands und seines jüngsten homophoben Urteils gegen die „extremistische LGBT-Bewegung“ zu. Die Absurdität der Argumentation sollte nicht darüber hinwegtäuschen, was der Entschluss in der Praxis bedeutet: die potenzielle Kriminalisierung von mehreren Millionen russischer Bürger.

Schon länger betreibt das Regime von Wladimir Putin die gezielte Ausgrenzung von sexuellen Minderheiten. Die rechtliche Diskriminierung ist mehr als ein populistisches Ablenkungsmanöver. Sie ist zentraler Bestandteil der konservativen, frauen- und homofeindlichen Staatsideologie, die von einem „reinen“ Russland ohne schädliche Westeinflüsse fantasiert.

Bisher ging der Kreml vorrangig gegen die gesellschaftliche Selbstorganisation von LGBTIQ-Personen vor, die er (wie andere unabhängige Zusammenschlüsse) zerstören will. Mit dem jüngsten Urteil ist eine neue Stufe erreicht: Es spricht sexuellen Minderheiten das Recht auf ihre Existenz ab. Menschen werden dafür verfolgt, wer sie sind. Die Warnung vor der Transformation der russischen Führung hin zu einem totalitären Regime ist kein leeres Wort, keine übertriebene Sorge: Sie manifestiert sich im Hier und Jetzt.

jutta.sommerbauer@diepresse.com

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